In den Strudeln der Vergangenheit
Litauen ist Schwerpunktland der Leipziger Buchmesse. Eine literarische Spurensuche in Vilnius
Vilnius im Spätwinter: eine Kaltfront aus Osten, minus fünfzehn Grad. Auf dem Fluss Neris, nachts, schieben sich krachend die Schollen ineinander. In der Kneipe »Alinė Leičiai« sitzt man warm, bei dunklem Bier, Brühwurst und Sauerkraut. Unter gotischen Gewölben läuft ein Fernseher im Schankraum, ein Wettkampf: Männer in Rüstungen spielen die Schlacht bei Tannenberg; anno 1410 schlugen Polen und Litauer den Deutschen Orden. Ein hoher Offizier der litauischen Armee wird am Ende die Preise an die Fernsehkrieger übergeben: Schwerter für die Ritter Arturus, Vladimir und Hartman. Litauen, so scheint es, vergewissert sich seiner ruhmreichen Geschichte.
Die Kneipe liegt in einer restaurierten Gasse in der Altstadt. Wo sie sich zum Rathausplatz öffnet, hängt ein digitales Hinweisschild: »The plan of the Vilnius Ghetto«. Dazu eine Verordnung vom August 1941 auf Deutsch, Litauisch, Polnisch: Die Juden haben den Zionstern zu tragen. Sie dürfe...
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