AfD-Chefin Petry steht eine Kampfkandidatur bevor
Sächsische Landesverband der Rechtspartei entscheidet am Sonntag über erneute Aufstellung der Liste zur Bundestagswahl
Es ist ein möglicher Formfehler, der Frauke Petry in akute Bedrängnis bringen könnte: Die AfD in Sachsen wird am kommenden Sonntag in Weinböhla ein zweites Mal auf einem Parteitag zusammenkommen, um ihre Kandidaten für die Landesliste zur Bundestagswahl zu bestimmen. Nötig wird dieser Schritt, da der stellvertretende sächsische Landeswahlleiter Robert Kluger der Rechtspartei dies infolge eines möglichweise begangenen Formfehlers empfiehlt.
Unklar ist, ob die AfD auf ihrem Parteitag am 29. Januar die Wahl der Liste aus Zeitmangel abbrechen durfte. Kluger selbst hält dies für zulässig, will und kann aber nicht dafür garantieren, dass dies die anderen Mitglieder des Ausschusses auch so sehen. Im schlimmsten Fall dürfte die sächsische AfD nicht zur Bundestagswahl antreten. Deshalb Klugers Ratschlag: Wählen Sie die Liste besser neu.
Was in anderen Parteien wohl eher als Formsache über die Bühne ginge, führt in der von Machtkämpfen zerfressenen Rechtspartei zu neuen Streitigkeiten. Denn: Im Gegensatz zum ersten Wahlversuch muss sich Petry dieses Mal einem Gegenkandidaten stellen.
Und dieser ist nicht irgendwer, sondern Roland Ulbrich, Vorsitzender der völkisch-nationalistischen »Patriotischen Plattform«. »Ich trete gegen Petry an. Sie ist führungsschwach, arbeitet insgeheim an einer Koalition mit der CDU und probiert weiter, Björn Höcke aus der Partei zu werfen«, bestätigte der Politiker gegenüber Bild.de.
Wie wenig Ulbrich von Petry hält, kann jeder auf dessen Facebookprofil nachlesen. Erst am Mittwoch kommentierte er vielsagend einen Brief mehrerer Thüringer AfD-Mitglieder, die sich gegen ihren Landeschef Höcke wandten, mit den Worten: »Hier scheint wohl Petrys ‘Fünfte Kolonne’ in Thüringen zu wirken.« Deutlicher kann eine Kampfansage kaum ausfallen.
Und Petry täte gut daran, diese am Sonntag in Weinböhla nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn obwohl die Bundesvorsitzende zugleich im sächsischen Landtag sitzt und dem Landesverband vorsteht, bekam sie im Freistaat innerparteilich zuletzt heftigen Gegenwind.
Wie deutlich dieser ausfallen kann, zeigte sich schon Ende Januar in Weinböhla. Ohne Gegenkandidaten holte Petry im damaligen ersten Versuch lediglich 79,1 Prozent der Stimmen. Auf Platz zwei folgte ihr der heftig umstrittene Dresdner Richter und »kleine Höcke« Jens Maier. Obwohl er sich gleich zwei Konkurrenten zu stellen hatte, erhielt er am Ende lediglich 15 Stimmen weniger als Petry. Auch die Plätze drei bis fünf gingen damals an Kandidaten, die eher dem Höcke-Umfeld zuzurechnen waren.
Petry steht am Sonntag wahrscheinlich eine Machtprobe bevor. Ein deutlich schlechteres Ergebnis als bei der ersten Wahl kann sich die Parteivositzende eigentlich nicht leisten. Im April steht in Köln bereits die nächste Schlacht bevor. Dann will ein AfD-Bundesparteitag darüber entscheiden, welches Spitzenteam die Rechtspartei in die Bundestagswahl führen will. Ursprünglich war es Petrys Plan, alleinige Spitzenkandidatin zu werden. Doch nicht nur eine Entscheidung der Bundesspitze verhinderte dies letztlich.
Eine Ausweg für die Parteichefin gäbe es: Der Parteitag könnte sich am Sonntag auch gegen die Wiederholung der Listenaufstellung entscheiden. Dann bestünde allerdings das Risiko, letztlich nicht zur Bundestagswahl zugelassen zu werden.
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