Kongress kontra Krise
Dänische Volkssozialisten auf neuem Kurs
Die Zukunft der dänischen Volkssozialisten sah 2014 nach dem chaotischen Regierungsaustritt und der folgenden schweren Wahlniederlage nicht gut aus. Die junge Politikergeneration flüchtete zu den Sozialdemokraten, Mitglieder verschwanden und die Partei lag dicht an der Sperrgrenze von nur zwei Prozent. Die wichtigste Aufgabe der neuen Vorsitzenden Pia Olsen Dyhr war es, die Partei neu zu definieren, um sie wieder attraktiv zu machen für linke Wähler. Die Zustimmung in Umfragen liegt bei sechs Prozent und neue Mitglieder sind aufgenommen worden.
Bis zwei Tage vor dem Kongress sah es aus, als ob er reibungslos über die Bühne gehen konnte, aber da folgte die Partei einer Beschlussvorlage der Regierung, im Falle einer neuen Flüchtlingskrise die Notbremse ziehen und alle Flüchtlinge an den Grenzen abweisen zu können. Das soll auch für unbegleitete Kinder gelten. Und dieser Punkt verursacht gegenwärtig Unruhe im Hinterland der Partei. Ob die positiven Trends anhalten, wird sich erst in den nächsten Wochen zeigen.
Das Kongressmotto lautete »Ein zusammenhängendes Dänemark« und diskutierte die neue Parteilinie, die in vielen Punkten Volkssozialisten »classic« ist (das Setzen auf soziale Gerechtigkeit und wirklich grüne Umweltpolitik), aber auch neue Töne brachte.
Die Partei will flexible Zusammenarbeit mit anderen Parteien, um Einfluss zu bekommen. Mit den traditionellen Partnern Sozialdemokraten und Rot-Grüne Einheitsliste suchte sie geplante Steuererleichterungen in das Gesundheits- und Bildungswesen umzuleiten. Mit der Dänischen Volkspartei, die viele Anhänger hat, die als sozialdemokratisch definiert werden können, brachten die Volkssozialisten einen parlamentarischen Beschluss gegen soziales Dumping ein. Aber sie nehmen zugleich Abstand von vielen Elementen der Ausländerpolitik der Partei, um nun in die Notbremse-Grube zu fallen.
In der ökonomischen Politik suchen die Volkssozialisten einen Mittelweg, der sowohl Investitionen in Umwelttechnologien fördern soll, aber auch die Fortsetzung der Öl- und Gasförderung in der Nordsee einschließt. Dieser Schritt wurde mit der Notwendigkeit begründet, dass Steuererleichterungen von heute durch künftige höhere Zahlungen ausgeglichen werden können und Dänemark sich nicht abhängig machen darf von russischen Gas. Eine bürgerliche Wirtschaftspolitik, wie sie während der Regierungsteilnahme mitgetragen werden musste, schloss die Partei jedoch aus und legt damit einen gewissen Abstand zu den Sozialdemokraten. Das Verhältnis zu ihnen kann insgesamt als vorsichtige Freundschaft bezeichnet werden.
Europapolitisch hat sich die Partei vom Skeptiker zum vorsichtigen Anhänger gewandelt und deshalb drückte der Kongress Besorgnis aus über Brexit und eine unstabile EU und will mit gleich gesinnten Parteien einen Weg zur Bewahrung und Demokratisierung der EU suchen.
Für die Kommunalwahlen steckte der Kongress das Ziel, die Anzahl der Mitglieder in den kommunalen Räten zu erhöhen, um den vorsichtigen Aufschwung der Partei zu demonstrieren.
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