Die kleine Merkel

Annegret Kramp-Karrenbauer holt für die CDU den Sieg an der Saar und verschafft der Kanzlerin ein seltener gewordenes Erfolgserlebnis

  • Gabriele Oertel
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Putzfrau steht fast in jedem Porträt über Annegret Kramp-Karrenbauer. So, als müsse man die oft eher langweilig daherkommenden Beschreibungen der fast 55-jährigen saarländischen Ministerpräsidentin mit buntem Tupfer aufhübschen. Dass die an der Saar beliebte Landesmutter, die mit dem für sie selbst überraschend großen Wahlerfolg vermutlich ihre Verweildauer in der Saarbrücker Staatskanzlei verlängern kann, zu Karneval als Putzfrau Gretel die Zunft der Politiker einschließlich sich selbst durch den Kakao zieht, ist nicht nur ein Zeichen, dass im Saarland die Uhren irgendwie etwas anders ticken. Es ist Beleg, dass die Politik- und Rechtswissenschaftlerin neben ihrer sachlichen, nüchternen und analytischen Seite auch über viel Humor verfügt. So was mögen die Wähler, derlei entwaffnet den politischen Gegner, so punktet man dort, wo ein geerdeter Führungsstil besonders gefragt ist. Kramp-Karrenbauer, die aus ihrer Heimatverbundenheit kein Hehl macht und auch jenseits polittaktischer Erwägungen als kommunikativ gilt, weiß eben, wie der Hase läuft.

Kein Wunder. Die mit einem Bergbauingenieur verheiratete Mutter dreier Kinder, die seit 2011 Ministerpräsidentin ist, hat in ihrer politischen Karriere viele Erfahrungen sammeln können: bei der Jungen und der Frauen-Union, als erste deutsche Innenministerin im Kabinett ihres Vorgängers Peter Müller, als CDU-Landeschefin und im CDU-Bundespräsidium in Berlin. Dort, ganz im Dunstkreis der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin, hat sie inzwischen einen bundesweiten Anerkennungszuwachs erzielt. Mit einem Wahlergebnis von nicht mal 60 Prozent war sie 2010 in den engeren CDU-Führungszirkel vom Parteitag in Karlsruhe gewählt worden. Ende 2016 erreichte sie bei der Wahl in Essen mehr als 85 Prozent.

Und das obwohl sie die Merkelsche Flüchtlingspolitik unterstützte und sich gegen die einseitige Schließung der deutschen Grenzen aussprach. Ihre Argumentation: Durch ein mögliches Auseinanderbrechen der EU seien hierzulande Wohlstand und Arbeitsplätze gefährdet. Solcherart Plädoyer für heimische Interessen kommt im kleinsten Flächenland der Republik gut an - und erst recht, wenn die Frau mit dem schwer von der Zunge gehenden Bindestrichnamen saarländische Belange in Berlin vertritt.

Die Durchsetzungsstärke der oft als »AKK« viel schneller benannten Ministerpräsidentin wird nicht nur im Saarland, sondern auch in der Hauptstadt aufmerksam verfolgt. Sei es bei ihrem Engagement für die Frauenquote. Sei es bei der Beendigung der noch unter Müller gezimmerten Jamaika-Koalition mit Grünen und FDP. Sei es bei den von Kramp-Karrenbauer initiierten vorgezogenen Neuwahlen. Und sei es in der seither vielfach geräuschlos funktionierenden Arbeit der Großen Koalition, für deren Neuauflage sich die Ministerpräsidentin immer wieder ausgesprochen hatte. Dass sie seit Sonntag noch mehr als mögliche Merkel-Nachfolgerin gehandelt wird, nimmt die Frau gelassen. »Ich bin gewählt als Ministerpräsidentin und das will ich auch machen«, beschied sie am Montag alle Nachfragen. Nicht von der Hand zu weisen sind jedoch gewisse Ähnlichkeiten mit der Kanzlerin. Vor allem der Pragmatismus: da das Soziale, hier das Liberale, dort das Konservative. Und vor allem jene Coolness, mit der sie Merkel das erste Mal bei den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und SPD nach der Bundestagswahl 2013 in Berlin aufgefallen sein soll. Während die Männer in den Pausen flügelschlagend über die Flure rannten, habe »AKK« sich einen zweiten Stuhl herangezogen, die Füße draufgepackt und in einem Buch gelesen.

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