Abschiebeknast aus Brandschutzgründen dicht
Unfallkasse erstellte eine lange Mängelliste. Das Innenministerium erwog verschiedene Lösungsvarianten
Wegen Sicherheitsmängeln ist die Abschiebehaftanstalt in Eisenhüttenstadt in der vergangenen Woche vorübergehend geschlossen worden. Die Unfallkasse hatte das Gebäude besichtigt und zahlreiche Mängel festgestellt. Unter anderem fehlten automatische Brandmelder und Pläne zu Fluchtwegen bei einem Feueralarm. Das Innenministerium sucht nach einer Lösung und fasste dabei verschiedene Varianten ins Auge. Am Donnerstag stand das Thema im Innenausschuss des Landtags auf der Tagesordnung.
Zu ihrer Abschiebung werden Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, in der Regel von der Polizei frühmorgens aus den Betten geklingelt oder - wie es gerade in Brandenburg/Havel einem Afghanen geschah - von der Arbeitsstelle weggeholt. Abschiebehaft ist selten. Sie wird richterlich angeordnet, wenn Verdacht besteht, der Betroffene könnte vor seiner Abschiebung untertauchen wollen. Der 1998 in Eisenhüttenstadt gebaute Knast mit seinen 104 Plätzen war niemals auch nur zur Hälfte ausgelastet, und er war im vergangenen Jahr mit maximal 15 Häftlingen belegt. Im Schnitt saßen dort sieben Häftlinge 18 Tage lang ein. 2016 waren insgesamt 145 Menschen inhaftiert, davon 89 aus anderen Bundesländern und 25, die von der Bundespolizei überstellt waren.
Nur sechs Bundesländer haben überhaupt noch Abschiebeknäste. Die LINKE ist - vorsichtig formuliert - »sehr skeptisch«, ob Brandenburg einen derartigen Knast benötigt, zumal die Abschiebehaft keine Strafe sein soll und »einen sehr starken Eingriff in die Grundrechte eines Menschen darstellt«, wie die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (LINKE) sagt. »Vom Grundsatz her ist es unproblematisch, wenn es keine Abschiebehafteinrichtung in Brandenburg gibt«, betont sie. »Flickschusterei nach dem Motto, wir beseitigen jetzt mal die aufgezeigten Mängel und machen weiter wie bisher, finde ich falsch.« Nach Ansicht Johliges sollte die aktuelle Situation genutzt werden, sich »darüber zu verständigen, ob es in Brandenburg eine solche Einrichtung geben soll - und wenn ja, wo diese angesiedelt sein soll, wie viele Plätze sie haben muss, welche baulichen Bedingungen und Sicherheitsstandards erfüllt sein müssen, welche Personalausstattung gebraucht wird und wie dieses Personal qualifiziert sein muss ...«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.