Göttingen protestiert gegen Naziaufmarsch

Gegen Krieg und Faschismus - 1500 Menschen demonstrieren gegen rechten »Freundeskreis«

  • Reimar Paul, Göttingen
  • Lesedauer: 2 Min.

Alleine in Göttingen beteiligten sich mindestens 1200 Nazi-Gegner an Demonstrationen und Kundgebungen. Ein Großaufgebot der Polizei schützte die Versammlung der Neonazis vor dem Göttinger Bahnhof. Bereits am Vorabend waren die Beamten mit zahlreichen Einsatzfahrzeugen im Göttinger Stadtgebiet unterwegs und errichteten Kontrollstellen. Vor allem mutmaßliche Anhänger und Mitglieder linker Organisationen wurden angehalten und durchsucht. Rechtsgrundlage für die Identitätsfeststellungen ist das Niedersächsische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Zur Begründung verwies die Polizei zudem auf Aufrufe im Internet, die auf ein gewaltsames Stören der »Freundeskreis«-Kundgebung hindeuteten.

Der Samstagvormittag startete mit einer Demonstration der Antifa unter dem Motto »Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus«. Auf dem Albaniplatz, wo die Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 Bücher verbrannten, legten Teilnehmer Rosen ab. Vor dem Alten Rathaus ging ein Panzer aus Pappmaché in Rauch auf. Am Bahnhof versuchten die Demonstranten, zum Kundgebungsplatz der Rechten vorzudringen, wurden von einem großen Polizeiaufgebot aber zurückgedrängt. Es gab teils heftige Rangeleien, auch einige Äpfel und Böller flogen in Richtung der Polizei.

Wenige Meter weiter spielten Schauspieler der Göttinger Theater auf einer offenen Bühne Szenen aus aktuellen Produktionen. Auch das Bläserensemble des Göttinger Symphonie-Orchesters und Musikbands traten dort auf.

Sympathisanten der Satirepartei »Die Partei« errichteten auf einer vielbefahrenen Straße in Göttingen eine »Mauer des Friedens« aus Pappkartons. Zahlreiche Spender hätten kostenlos Baumaterial zur Verfügung gestellt, sagte eine Sprecherin der »Partei«. Bei einer »Spenden-Gala gegen Rechts« wurden mehrere Tausend Euro für Flüchtlingsprojekte gesammelt worden.

An der Veranstaltung des »Freundeskreises« vor dem Bahnhof beteiligten sich etwa 100 Rechtsextremisten - mit dabei auch Mitglieder der »Identitären Bewegung« und des »Kollektivs Nordharz« aus Sachsen-Anhalt. Der »Freundeskreis« hatte ursprünglich einen Demonstrationszug durch die Stadt angekündigt. Dieser war jedoch von der Stadtverwaltung mit Hinweis auf die Gefahren für die öffentliche Sicherheit untersagt worden. Gerichte hatten diesen Beschluss in der vergangenen Woche bestätigt.

Nach ihrem Auftritt in Göttingen reisten die Neonazis in Regionalzügen ins 25 Kilometer entfernte Northeim weiter. In der Innenstadt hielten sie eine Kundgebung ab. Mehrere Dutzend Nazigegner protestierten dagegen spontan mit Sprechchören, Trillerpfeifen und einer Sitzblockade. Der »Freundeskreis« überzieht Südniedersachsen seit eineinhalb Jahren mit ausländerfeindlichen Veranstaltungen. Im Februar hatte die Polizei Wohnungen von sechs mutmaßlichen Mitgliedern der Vereinigung durchsucht und dabei auch Waffen sichergestellt. Gegen die sechs Neonazis wird wegen Bildung einer bewaffneten Gruppierung ermittelt.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.