Bargeld wird rar auf dem Land

Abseits der Städte wird es immer schwerer, einen Bankautomaten zu finden

  • Lesedauer: 3 Min.

1800 Einwohner, zwei Kneipen, ein Blumenladen und ein Gemüseladen - aber kein Bargeld mehr. Seit dem 1. März ist der Geldautomat in Nieder-Liebersbach im Odenwald weg, wie vor Jahren schon die Filiale. Zu teuer für die wenigen Kunden. «Für unser Dorf ist das ein Schlag», sagt Ortsvorsteher Volker Buser. «Leider hat unser Protest nicht wirklich interessiert.» 400 Unterschriften haben die Bürger der Sparkasse überreicht, eine Seite bei Facebook erstellt, «damit wenigsten öffentlich wird, was das mit unserem Dorf macht». Zwei Kilometer Luftlinie ist nun der nächste Geldautomat entfernt. Klingt wenig, dauert für die vielen älteren und nicht mobilen Bewohner «mit dem Bus locker zwei Stunden hin und zurück». Auf der Route der Berufspendler liegt der Automat auch nicht. Schlecht für die ortsansässigen Betriebe: Nur der kleine Supermarkt bietet Kartenzahlung an, Bier und Blumen werden bar gezahlt - «es sind ja auch Mini-Summen». Von denen leben die Lädchen, «und sie bringen Leben ins Dorf».

Das Gleiche spielt sich an vielen kleinen Orten in Deutschland ab: Filialen schließen - und manchmal bauen die Banken auch die Automaten ab. Ein weiterer Schritt zur bargeldlosen Gesellschaft, sagt der Darmstädter Volkswirt Dirk Schiereck. Denn: Bar zahlen wird unbequem, wenn der Automat im nächsten Ort liegt. «Und es gibt immer einfachere Möglichkeiten, bargeldlos zu bezahlen - durch bloßes Vorhalten der Karte zum Beispiel.» Oder es wird gleich online bestellt und bezahlt.

«Barzahlen ist auch eine Altersfrage», sagt der Professor. «Je jünger die Menschen, desto mehr nutzen sie digitale Zahlmethoden - auch im Bargeldland Deutschland.» Und auch auf dem Land, wo mehr Ältere leben, nimmt Onlinebanking zu - zur Bank zu gehen wird seltener.

«Das Kundenverhalten ist anders geworden», sagt auch Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbandes der Volks- und Raiffeisenbanken - neben den Sparkassen noch die häufigsten im Dorf. «In Orten, in denen ein Automat sehr selten genutzt wird, müssen wir aus betriebswirtschaftlichen Gründen auch Angebote einstellen.» Denn: Auch die Bargeldversorgung per Selbstbedienung kostet mindestens 10 000 im Jahr für einen Automaten. Die Banken subventionieren sie mit ihren Einnahmen quer, sagt Steudel, «in Zeiten von Negativzinsen geht das natürlich schlechter». Das betonen auch die Sparkassen.

Bare Lösungen können Cashpoints in Geschäften sein, sagt der Banksprecher. Bargeld gibt es dann aus der Kasse der Händler. «Das ist kein gleichwertiger Ersatz», findet Hans-Joachim Weigel, Bürgermeister von Schönfeld im Kreis Meißen. Auch hier hat die Sparkasse gegen den Protest der Bürger den einzigen Geldautomaten abgebaut. Der Getränkemarkt bot zwar Geldabhebung an, «morgens ist die Kasse dann aber noch fast leer», sagt Weigel. «Und wenn einer 200 Euro abhebt, ist für alle Schluss.» Die Leute fahren zu Gellabheben in die Stadt und kaufen dort gleich ein.

Damit die Läden bleiben, hat der Bürgermeister eine andere Lösung gefunden: Die Firma Cardpoint - ein privater Dienstleister, der wie auch seine Konkurrenten Euronet und IC-Cash vom Automaten-Geschäft lebt. Sie stellen sie dort auf, wo es sich lohnt: auf Festivals, in Einkaufszentren oder eben auf dem Land. Transaktionen kosten hier immer - bisweilen auch fünf Euro oder mehr. Schönfeld erlässt der Firma Miete und Stromkosten, «so konnten wir uns auf einen Euro pro Buchung einigen», sagt Weigel. «Besser, als ohne Automaten zu sein.» Von der Sparkasse fühlten sich die Leute auch «im Stich gelassen». nd/epd

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