Europa von unten
Soziale Bewegungen wollen die EU verändern. Das ist mühsam, aber nicht aussichtslos
Berlin. Es ist unter Politaktivisten inzwischen fast eine Binsenweisheit: Wer politisch etwas verbessern will, muss über den nationalen Rahmen hinaus denken. Doch so klar das denjenigen ist, die für ein demokratisches und soziales Europa streiten, so schwer ist es, länderübergreifend Druck zu machen. Und so gibt es in einzelnen Staaten der Europäischen Union zwar viele Kämpfe für eine andere Politik, aber nur selten sind sie Teil einer gemeinsamen europäischen Bewegung, die versucht, auf EU-Ebene die Weichen anders zu stellen.
Beispiele gibt es dennoch: Angefangen bei den Euromärschen gegen Erwerbslosigkeit, die der EU sehr konkrete Maßnahmen auf die Tagesordnung setzen wollten, über die Europäischen Sozialforen, die zwar Zehntausende Aktivisten versammelten, aber kein gemeinsames Thema fanden, bis hin zu europaweiten Protesten gegen die verfehlte Handelspolitik der EU. Die Bilanz ist ambivalent. Der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA beweist, dass Bürgerinnen und Bürger in Europa gemeinsam handeln und etwas erreichen können. TTIP liegt auf Eis. Beerdigt ist es nicht. Ganz kippen konnten Proteste in europäischen Ländern das internationale Anti-Piraterie-Abkommen Acta. Punktuell war Widerstand auf EU-Ebene also bereits erfolgreich.
Der Fortschritt ist eine Schnecke. Nur hat nicht jeder die Geduld dieser Spezies. Denn zugleich sind die Spielräume für eine soziale Agenda der EU eng begrenzt: In keinem EU-Land genießt die neoliberale Ideologie in dem Maße Verfassungsrang wie in den Vertragsdokumenten der Union. Und so findet auch die Idee ihre Anhänger, nicht so sehr auf europäische Bewegungen zu setzen, sondern auf politische Richtungswechsel in einzelnen einflussreichen Ländern, die sich dann den bisherigen Regeln der EU verweigern. iwa Seite 2
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