Gysi zeigt Nacktbilder

  • Lesedauer: 2 Min.

Rettet Gregor Gysi die Kunstfreiheit mit dem Zeigen von Aktbildern? Zumindest hatte der LINKE-Bundestagsabgeordnete sich jüngst bereit erklärt, in seinem Wahlkreisbüro in Treptow eine Auswahl von 36 Fotos der Gesellschaft für Fotografie auszustellen, darunter vier mit nackter Haut. Laut Mitarbeiter André Schubert soll die Idee dazu von dem Politiker selbst gekommen sein.

Die Entscheidung folgt einem Streit zwischen den Künstlern des Vereins und der Bezirksstadträtin Cornelia Flader (CDU), wie die »Berliner Zeitung« zuvor berichtet hatte. Flader habe demnach im Februar versucht, einzelne Aktfotos einer geplanten Ausstellung mit insgesamt 400 thematisch unterschiedlichen Bildern vorab auszusortieren. Gegenüber Fotografen habe sie den Vorschlag gemacht, die entsprechenden Werke separat zu zeigen. Das Amt für Weiterbildung und Kultur verteidigte sich in einer Pressemitteilung, dass es sich bei dem Vorgehen nicht um »Zensur« gehandelt habe. Man hätte allerdings »gerne auf die Ausstellung von Aktfotos, Gewaltdarstellungen und Schockwerbung in einem öffentlichen Gebäude verzichtet«.

Die Gesellschaft für Fotografie reagierte erbost. So habe sie in den vergangenen Jahren bereits 22 Ausstellungen im Rathaus gezeigt. Der Stadträtin wurde »Lüge« sowie »Beleidigung« und »Diffamierung« von Vereinsmitgliedern und von an den Ausstellungen beteiligten Freizeitfotografen vorgeworfen. Die Künstler entschieden sich gemeinsam, die Ausstellung in der geplanten Form abzusagen.

Gregor Gysi hatte anschließend versucht, einen geeigneten Alternativplatz für die Bildersammlung zu finden. Die meisten öffentlichen Einrichtungen hatten ihre Jahresplanung jedoch schon abgeschlossen oder waren für die nächsten Monate ausgebucht. Der Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Europäischen Linken entschied dann kurzerhand, selbst einige der Fotos zu zeigen. »Es ging einfach nur ums Prinzip«, sagte Wahlkreismitarbeiter Schubert. »Dass solche Bilder nicht in Rathäusern ausgestellt werden können, das gab es noch nie.«

Bereits bei der Ausstellung 2016 erhitzten jedoch schon zwei Aktfotos die Gemüter. Drei Wochen nach Beginn wurden sie abgenommen. Der damalige Kulturstadtrat Michael Vogel (CDU) hatte erklärt, dass Mitarbeiter und Besucher sich beschwert hätten. Die Bilder könnten »religiöse Gefühle« verletzen. Wie praktisch, dass Gysi ein bekennender Atheist ist. seb

Vernissage: 18. April, 15 Uhr, Wahlkreisbüro Gregor Gysi, Brückenstraße 28, Treptow.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!