Die Rolltreppe funktioniert
Ulrike Henning warnt vor übereilter Freude über die Pflegereform
Das neue Begutachtungssystem in der Pflege funktioniert offenbar, abgesehen von längeren Wartezeiten in einigen Fällen. Wenigstens etwas, möchte man denken. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherungen hat seine Arbeit getan. Aber waren da nicht noch einige Probleme mehr? Fehlendes oder unterbezahltes Personal, keine oder ungenaue Kriterien für dessen Einsatz, Fragen zur generalistischen Ausbildung, Tendenz zu Billiglohndienstleistungen statt einer Aufwertung der Sorgearbeit in Familien?
Bereits als sich die Konturen der neuen Pflegestärkungsgesetze abzeichneten, warnten Experten, dass alte Fehler fortgeschrieben würden - in neuem sozialrechtlichen Kontext. Ohne einen Bezug zur Teilhabe, wie sie die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, blieben die Reformen Stückwerk. Nun richtet sich der Fokus der Bewertung auf einen eher organisatorischen Teilaspekt, und das macht die bestehenden Defizite noch deutlicher. Die kritischen Felder sind Fachleuten und Politikern bekannt.
Stellt man sich die Pflege als Haus vor, funktioniert der Empfang und es laufen die Rolltreppen am Eingang, auch die zur neuen Etage für Demenzkranke. Was hinter den Wohnungstüren vor sich geht, weiß man deshalb noch lange nicht. Auf die weitere Evaluation der neuen Gesetze darf man deshalb gespannt sein.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.