Zweite Chance für den Bahnhof Pirschheide
Die einstige Potsdamer Zentralstation soll abgerissen, aber wieder mit den oberen Gleisen neu errichtet werden
An der Potsdamer Bahnstation Pirschheide hält höchstens stündlich der Regionalzug nach Michendorf und in der Gegenrichtung der Zug nach Potsdam-Hauptbahnhof. Doch wer aussteigen möchte, muss vorher einen Knopf drücken wie in einem Bus oder in einer Straßenbahn. Sonst rauscht der Zug durch. Wer einsteigen möchte, muss sich sichtbar an der Bahnsteigkante hinstellen, um vom Zugführer erspäht zu werden. Sonst bremst der Zugführer nicht. Die Aufgänge zu den beiden oberen Bahnsteigen sind versperrt. Da hält gar nichts mehr. Die gesamten Gleisanlagen verrotten zusehends.
Dabei war Pirschheide, nach Plänen von Walter Mempel projektiert unter Leitung von Wolfgang Dreßler und errichtet in den Jahren 1957 bis 1959, einmal Potsdams Hauptbahnhof - von 1961 bis 1993. Die Mauer war gefallen und der Umweg um Westberlin herum nicht mehr notwendig. Ein neuer Hauptbahnhof entstand in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums. Die Station Pirschheide liegt ab vom Schuss im Wald. Das heißt aber nicht, dass sie überflüssig wäre. Das Kongresshotel steht gleich nebenan, das Seehotel nicht weit entfernt. Mehr Gäste würden den Zug nehmen, wenn die Station besser erreichbar wäre und wenn öfter ein Zug hielte. So nehmen viele die Straßenbahn, was zeitraubend ist, weil diese einen großen Umweg fährt.
Die Landtagsabgeordnete Anita Tack (LINKE) wünscht sich schon jahrelang eine spürbare Wiederbelebung des Bahnhofs Pirschheide, insbesondere der beiden oberen Bahnsteige, die über den Berliner Außenring eine schnelle Verbindung zum künftigen Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld erlauben würden.
Nun bewegt sich etwas. An den »Dächern der stillgelegten oberen Bahnsteige wurde die Abdichtung aufgrund der Witterungseinflüsse und Sonneneinstrahlung spröde und drohte sich zu lösen«, informiert Gisbert Gahler, Sprecher der Deutschen Bahn. In Vorbereitung auf die geplante »vollständige Erneuerung« der Station Pirschheide sei die Abdichtung deswegen bereits in den vergangenen Monaten entfernt worden. Im Mai und Juni sollen die Stahlbetondielen demontiert werden. Die Stahlträgerkonstruktion soll später drankommen.
Wenn alles planmäßig läuft, so erläutert Gahler, werde in den Jahren 2021 und 2022 zunächst alles abgerissen, bevor unten ein neuer und oben zwei neue Bahnsteige inklusive Treppen, Aufzügen und Blindenleitsystem gebaut werden.
Weil die Abrissarbeiten Auftakt für einen Neubau sind, freut sich die Abgeordnete Tack, »dass es endlich losgeht«. Die Reaktivierung des Bahnhofs sei unter anderem notwendig, um die Bundesstraße 1 und die Zeppelinstraße wirksam von Staus zu entlasten und die Schadstoffbelastung für die Anwohner zu reduzieren. Tack hält es für geboten, die Bauarbeiten zu beschleunigen und die Fristen so zu verkürzen, dass möglichst schon vor dem Jahr 2022 wieder mehr Züge in Pirschheide halten, »zumal die Landeshauptstadt weiter wächst und auch Planungen für den Wohnungsbau für den Standort Pirschheide schon bereit liegen«.
Das einstmals spektakuläre Empfangsgebäude des Bahnhofs spielt in den Planungen keine Rolle mehr. Die Deutsche Bahn hatte es verkauft. Die Tunnel, die vom Gebäude zu den Bahnsteigen führen, sind zugemauert. Der Zugang erfolgt von der Seite.
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