Kein »einfacher Frieden« bei sächsischer Listenwahl

Kipping wird Spitzenkandidatin / Partei will Ost-Interessen stärken und für »Republik Europa« werben - Vision soll ins Wahlprogramm der Bundespartei

  • Hendrik Lasch, Glauchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie sang dann doch nicht, sondern rezitierte nur. Mit Versen von Gisela Steineckert bewarb sich Katja Kipping, die Bundeschefin der LINKEN, um Listenplatz 1 in Sachsen für die Wahl zum Bundestag. Die 39-jährige Dresdnerin zitierte den »einfachen Frieden«, mit dem es »seit Tausenden von Jahren ein beschwerlich Ding« sei, und sprach von Menschen, die »vor sich Brot und Ruhe auch« haben sollten.

Es war eine unkonventionelle Umschreibung zweier Kernthemen der Partei – Friedenspolitik und Kampf um soziale Gerechtigkeit –, konnte allerdings auch als Appell an die Vertreterversammlung verstanden werden, die in Glauchau die Kandidaten bestimmte. Schließlich sah es bereits ab Platz 2 nicht nach einem »einfachen Frieden« zwischen den Bewerbern aus.

Nur für den Spitzenplatz gab es keine Kampfkandidatur: Kipping bewarb sich allein und wurde mit 84,8 Prozent gewählt – fünf Prozentpunkte mehr als 2013. Danach kam es sofort zu hochkarätigen Duellen zwischen Bundestagsabgeordneten. Um Platz 2 bewarben sich der Geheimdienstexperte André Hahn und der Finanzpolitiker Axel Troost, auf Platz 3 kandidierten Fraktionsvize Caren Lay, die Ost-Koordinatorin der Fraktion Susanna Karawanskij und die Arbeitsmarktpolitikerin Sabine Zimmermann. Als Sieger gingen Hahn und Lay hervor. Troost unterlag auch im Kampf um Platz 4 gegen Michael Leutert, errang aber schließlich Platz 6. Zimmermann und Karawanskij schafften es jeweils nach weiteren Stichwahlen auf die Plätze 5 und 7.

Erst auf Platz 8 steht mit dem Leipziger Tilman Loos ein potenzieller Parlamentsneuling. Er hatte in einer stark beklatschten Rede unter anderem die deutsche Dominanz in Europa kritisiert und mit Verweis auf Worte wie »Grenzschutzagentur« gesagt: »Wenn Begriffe Pickelhaube tragen könnten – diese würden es tun.« Der bisherige Abgeordnete Jörn Wunderlich hatte in zwei Anläufen den Kürzeren gezogen und trat für Platz 8 nicht mehr an.

Der stärkste Landesverband der Partei ist derzeit mit acht Abgeordneten im Bundestag vertreten. Ein am Vormittag beschlossener Leitantrag gibt als Ziel vor, diese Zahl zu halten. Klar ist aber, dass es sich um ein anspruchsvolles Vorhaben handelt.

»Der Zeitgeist ist gerade nicht auf unserer Seite«, sagte Kipping. Zwar scheint es dennoch nicht unmöglich, das Ergebnis der Wahl von 2013 wieder zu erreichen. Damals war die LINKE bundesweit auf 8,6 Prozent und im Freistaat auf 20 Prozent gekommen. Bei der Vergabe der Mandate profitierte sie aber davon, dass AfD und FDP knapp an der Fünfprozenthürde scheiterten. Weil das nicht unbedingt wieder zu erwarten ist, gab es das harte Ringen auch um die vordersten Listenplätze.

Im Wahlkampf will sich der Landesverband auf soziale Fragen und das Thema Ostdeutschland konzentrieren. Er rechne damit, dass »unser Thema«, nämlich die Verteilungsgerechtigkeit, auch bundesweit im Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung stehen werde, sagte Landeschef Rico Gebhardt. Entsprechenden Vorstößen der SPD sprach Gebhardt aber die Ernsthaftigkeit ab: Diese befinde sich lediglich im »traditionellen Halbjahr der sozialen Gerechtigkeit vor der Wahl«. Auch Kipping bezeichnete die LINKE als die wahre »Sozialgarantie für das Land«.

Zudem will sich die LINKE in Sachsen wieder stärker als Vertreterin von ostdeutschen Interessen profilieren. Dieses Thema sei nach der Bildung der LINKEN vor zehn Jahren in den Hintergrund gedrängt worden, räumte Gebhardt ein, fügte aber hinzu, auch »wer gesamtdeutsche Partei sein will, muss den Mut aufbringen, die Interessen aller im Land klar zu kommunizieren«. Ostdeutschland sei weiter in vielen Bereichen, von der Rente bis zur Vergabe von Führungspositionen, benachteiligt. Die Bundespolitik, betonte Gebhard, habe allerdings »keine Ahnung vom Osten«. Kipping ergänzte, die Fraktion der LINKEN im Bundestag sei die einzige, »wo der Osten nicht nur auf dem zweiten Platz« stehe.

Zugleich drängt der Landesverband auf eine positive Haltung der Partei zu Europa. Er wirbt für die »Idee einer Republik Europa« als Alternative zu einem Europa der Nationalstaaten. Gebhardt sagte, man strebe an, diese »Vision« im Wahlprogramm der Bundespartei zu verankern.

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