1. Mai International: 207 Festnahmen und ein Toter in Istanbul

Streiks, Demonstrationen und Proteste: Ausschreitungen bei Demonstration gegen Le Pen in Paris / Widerstand gegen Sparmaßnahmen in Athen

  • Lesedauer: 5 Min.

207 Festnahmen und ein Toter bei Protesten in Istanbul

Festnahmen und Tränengas zum 1. Mai in Istanbul: Die türkische Polizei ist mit aller Härte gegen eine Gruppe von Demonstranten vorgegangen, die trotz eines Verbots zum zentralen Taksim-Platz marschieren wollten. Die Beamten setzten Tränengas und Gummigeschosse ein und nahmen mehr als 200 Demonstranten fest, nachdem diese Banner mit Parolen gegen die Regierung entrollt hatten.

»Lang lebe der 1. Mai. Nein zum Diktator«, hieß es auf Bannern der linken Demonstranten im Istanbuler Stadtteil Gayrettepe. Als der Protestzug in Richtung des Taksim-Platzes startete, schritt die Polizei ein. Der Istanbuler Gouverneur erklärte, einige illegale Gruppen hätten versucht, die Feiern zum 1. Mai als »Vorwand« für Proteste gegen die Regierung zu nutzen.

Demnach kam ein Mensch bei einem Unfall beim Manöver eines Wasserwerfers ums Leben. 40 Molotowcocktails, 17 Handgranaten, 176 Feuerwerkskörper und sieben Masken seien beschlagnahmt worden, erklärte die Polizei. Insgesamt 207 Menschen seien festgenommen worden. Allein in Istanbul waren rund 30.000 Polizisten im Einsatz.

Die Istanbuler Behörden hatten ein Demonstrationsverbot für den Taksim-Platz erlassen, auf dem seit den Gezi-Unruhen im Sommer 2013 keine Proteste mehr zugelassen werden. Der Platz war am Montag komplett mit Gittern abgeriegelt, auch die Zufahrtsstraßen waren in weitem Umkreis abgesperrt. Die Polizei war massiv präsent, die Metrostation war geschlossen.

An der offiziellen Kundgebung in Bakirköy beim Atatürk-Flughafen im Westen der Bosporus-Metropole nahmen mehrere tausend Menschen teil. Auch in Ankara versammelten sich 6.000 Menschen zum 1. Mai, wobei die Menge Buchstaben hoch hielt, die in Anspielung auf das Verfassungsreferendum das Wort »Hayir« (Nein) bildeten. Zudem gab es Banner mit der Aufschrift »Nein heißt Nein«.

Ausschreitungen bei Demonstration gegen Le Pen in Paris

Bei Krawallen am Rande der Demonstration zum 1. Mai in Paris sind am Montag vier Polizisten verletzt worden. Wie Innenminister Matthias Fekl mitteilte, wurden die Beamten von »mehreren Dutzend« Demonstranten mit »zahlreichen Mollotow-Cocktails« attackiert. Einer der Beamten habe schwere Verbrennungen im Gesicht erlitten, ein anderer sei schwer an der Hand verletzt worden. Fekl verurteilte die Gewalt und rief zur Ruhe auf. Nach Angaben der Polizei hatten maskierte und vermummte Demonstranten Wurfgeschosse und Molotowcocktails auf die Sicherheitskräfte geworfen. Die Polizei setzte Tränengas ein.

Wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten, heizte sich die Stimmung in der Nähe des Platzes der Bastille auf, kurz nachdem der von einem Gewerkschaftsbündnis angeführte Marsch am Platz der Republik gestartet war. Die Demonstration richtete sich gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen, die am Sonntag in der Stichwahl um das Präsidentenamt antritt.

Nach Angaben der Polizei nahmen 30.000 Menschen an der Demonstration zum 1. Mai in Paris teil - drei Mal so viele wie nach Schätzungen der Polizei im vergangenen Jahr. Der Gewerkschaftsbund CGT sprach von 80.000 Teilnehmern.

Sechs Tage vor der Stichwahl buhlten Le Pen und ihr Rivale Emmanuel Macron am Montag weiter um die Stimmen der unentschlossenen Wähler. Le Pen rief die Franzosen bei einer Kundgebung auf, gegen »die Finanzen, die Arroganz und König Geld« aufzubegehren. Ihren Rivalen, den sozialliberalen Reformpolitiker und ehemaligen Investmentbanker Macron, nannte sie »Kandidat des Systems«.

Macron legte zeitgleich Blumen an einer Gedenktafel für einen 1995 von Front-National-Anhängern in Paris getöteten Marokkaner nieder. Anschließend trat auch er vor Anhängern auf. Nach der jüngsten Umfrage sank Macrons Vorsprung vor Le Pen leicht. Er kommt demnach auf 59 Prozent Zustimmung, während 41 Prozent Le Pen unterstützen.

Die französischen Gewerkschaften sind in ihrer Wahlempfehlung gespalten - anders als 2002, als Le Pens Vater Jean-Marie Le Pen in der Präsidentenstichwahl stand. Während die Gewerkschaften CFDT und Unsa dafür werben, Macron die Stimme zu geben, empfehlen die stärker links orientierten Gewerkschaften CGT, Solidaires und FSU lediglich, nicht der Kandidatin der Front National die Stimme zu geben. Auch der Linksaußen-Politiker Jean-Luc Mélenchon hatte am Sonntag davor gewarnt, Le Pen zu wählen, ohne für die Wahl Macrons zu werben.

In Paris und anderen französischen Städten fanden am Montag außer den Mai-Demonstrationen verschiedene Proteste statt, die sich mal gegen Le Pen, mal gegen beide Kandidaten richteten.

Streiks und Demonstrationen in Griechenland gegen neue Sparmaßnahmen

Mit einem 24-stündigen landesweiten Streik und Demonstrationen haben die Gewerkschaften in Griechenland am Montag den 1. Mai begangen. »Die Regierung und die Gläubiger pressen die Menschen und Arbeiter seit sieben Jahren aus«, erklärte die Beamtengewerkschaft Adedy vor Beginn der Protestzüge, die in Athen und anderen Städten des Landes geplant waren.

Aus Protest gegen die seit mehr als sieben Jahren andauernden Kürzungen der Löhne und Renten traten die Seeleute der Küstenschifffahrt und die Fahrer des Nahverkehrs sowie die griechischen Eisenbahner am Montag in den Streik. Fast alle Fähren blieben in den Häfen der Ägäis; die Bahnen fuhren nicht. Im Nahverkehr von Athen gab es mehrstündige Arbeitsniederlegungen.

Um die Mittagszeit versammelten sich Tausende Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME vor dem Parlamentsgebäude von Athen. Auch andere Gewerkschaftsverbände des privaten und staatlichen Bereichs demonstrierten unter dem Motto: »Wir leisten Widerstand gegen den Abbau des Sozialsystems«, wie das Fernsehen berichtete. Zudem wurde gegen Rassismus und für ein Ende der Kriege demonstriert.

Unter dem Druck der Gläubiger - der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds - hatte die griechische Regierung zugestimmt, in den Jahren 2019 und 2020 weitere 3,6 Milliarden Euro einzusparen. Die Maßnahme soll Mitte Mai vom Parlament bestätigt werden. Für den 17. Mai ist in Griechenland ein Generalstreik geplant.

Zehntausende nehmen an Mai-Parade in Moskau teil

Zum Tag der Arbeit sind bei einer traditionellen Parade der russischen Gewerkschaften mehr als 100.000 Menschen über den Roten Platz in Moskau gezogen. Angeführt von Bürgermeister Sergej Sobjanin forderten die Teilnehmer höhere Löhne und bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen. Zu der Kundgebung am Montag im Herzen der russischen Hauptstadt kamen auch Frauen in traditionellen Trachten und Vertreter der Regierungspartei Geeintes Russland.

Die Polizei meldete 130.000 Teilnehmer, die Gewerkschaften sprachen von rund 100.000 Menschen. Landesweit hatten sich an ähnlichen Aktionen demnach rund 2,5 Millionen Menschen beteiligt. Einem Aufruf der Kommunistischen Partei zu einer Mai-Kundgebung folgten der Agentur Tass zufolge etwa 3500 Anhänger. nd/Agenturen

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