Christoph Hein kommt auch
Unter dem Motto »Starke Worte. Schöne Orte« wird in Potsdam ein Literaturfestival ausgerichtet
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kann stolz sein. Nicht nur, weil seine Kommune Zuzug erlebt und die Steuereinnahmen wachsen. Auch das kulturelle Angebot der Landeshauptstadt ist in Brandenburg nicht zu überbieten - und inzwischen auch nur noch schwer zu überblicken. So sprach Jakobs jetzt von anfänglicher Skepsis, die ihn beschlichen habe, als er einst das Projekt eines Potsdamer Literaturfestivals vorgestellt bekam. Schließlich sei Potsdam »nicht arm an Ereignissen«, womit Jakobs darauf anspielte, dass man kaum noch ein Wochenende im Jahr benennen könnte, an dem nicht jede Menge Feiern und Veranstaltungen in der Stadt über die Bühne gehen.
Da noch mit literarischen Zyklen aufzuwarten, sei »durchaus gewagt«, betonte der Oberbürgermeister. Doch haben die vielfältigen Programme im Rahmen des Festivals LIT potsdam seit 2013 ihn eines besseren belehrt. Wenn die Stadt für das Gelingen des Literaturfestes 33 000 Euro bereitstelle, dann auch, so Jakobs, weil dies eine Gelegenheit sei, »über den Potsdamer Tellerrand hinweg« zu schauen. Das tue der Stadt gut. Das Festival findet vom 5. bis 9. Juli in Potsdam und vom 1. zum 2. Juli in Reckahn statt. Es ist in der Vergangenheit auf Resonanz gestoßen, zählte im vergangenen Jahr immerhin rund 3500 Besucher.
Auch Schriftsteller Christoph Hein konnte gewonnen werden. Er liest nun im Palais Barberini aus seinem Roman »Trotz«. In dem Roman wird die Verflechtung einer deutschen und einer russischen Familie betrachtet. Weil Hein im Jahr nur acht Lesungen bestreitet und keine einzige darüber hinaus, fühlen sich die Organisatoren durch seine Zusage besonders geehrt.
Ein Themenschwerpunkt des Literaturfestivals soll in diesem Jahr das Reformationsjubiläum sein. Der gelegentlich quer denkende CDU-Politiker Heiner Geißler wird aus seinem Buch »Was müsste Luther heute sagen« lesen, in dem er dem Reformationsbedarf der heutigen Kirchen nachstöbert. Zum Festivalauftakt laden die Veranstalter in das für sein Schulmuseum bekannte Dorf Reckahn bei Brandenburg/Havel zum Themenwochenende »Reformation und Leselust« ein. Prominente Teilnehmer des Festivals sind Filmemacher Volker Schlöndorff, Schauspieler Dominique Horwitz, Schriftstellerin Donna Leon und Filmkritiker Knut Elstermann. Ein Veranstaltungsort ist die VIP-Lounge des Vereins Babelsberg 03 im Karl-Liebknecht-Stadion, wo mit Jugendlichen eine literarische Annäherung an den Fußball erfolgen soll.
Geboren wurde die Idee eines Literaturfestes in den Kreisen gut betuchter Einwohner, die nach Potsdam zugezogen sind, die aber zum Teil dafür auch Geld spenden und ihre Villen und Gärten als Veranstaltungsorte zur Verfügung stellen. Dafür dankte Kulturministerin Martina Münch (SPD) bei der Präsentation des Programms. »Was mich besonders freut: Das Lesefest führt Kinder und Jugendliche auf kreative und spielerische Weise an Literatur heran. Damit ist das Festival eine willkommene Verstärkung unserer Angebote kultureller Bildung«, sagte sie.
Hinzu kommt, dass im Rahmen des Literaturfestes auch ein Theaterautorentreffen organisiert wird mit jungen Autoren aus Deutschland, Russland, Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Gerungen werden soll dabei um eine konstruktive Perspektive auf das Europa der Gegenwart, »dessen Identität durch Krisen, bewaffnete Konflikte und Umbrüche innerhalb und außerhalb seiner Grenzen immer wieder in Frage gestellt wird«, wie es in der Ankündigung heißt.
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