Nach TV-Duell: Mehrheit findet Macron überzeugender
Zweieinhalbstündige Debatte vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl: Liberaler nennt Rechtsradikale Le Pen »Parasit« und »Lügnerin«
Berlin. Der liberale Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron hat im TV-Duell laut einer Umfrage deutlich besser als seine rechtsextreme Kontrahentin Marine Le Pen abgeschnitten. 63 Prozent der befragten Zuschauer hätten Macron überzeugender gefunden, berichtete der Sender BFMTV in der Nacht zum Donnerstag. 34 Prozent fanden Le Pen überzeugender. Das Institut Elabe hatte im Auftrag des Senders 1.314 Zuschauer der zweieinhalbstündigen Debatte befragt.
Macron habe auch bei den Anhängern des Konservativen François Fillon und des Linkspolitikers Jean-Luc Mélenchon deutlich vorn gelegen. Die beiden waren im ersten Wahlgang ausgeschieden, hatten aber zusammen rund 40 Prozent der Stimmen bekommen.
Die zweieinhalbstündige Debatte am späten Mittwochabend war von Beschimpfungen und persönlichen Angriffen geprägt, die im bisherigen Wahlkampf laut Beobachtern beispiellos waren. Macron warf seiner Kontrahentin in der Debatte um den Kampf gegen den Terrorismus vor, einen Bürgerkrieg ins Land zu bringen. Er wurde seinerseits von Le Pen beschuldigt, Entgegenkommen gegenüber dem islamistischen Fundamentalismus zu zeigen. Frankreich wird von einer Terrorserie erschüttert, seit Anfang 2015 wurden fast 240 Menschen ermordet.
Macron sagte zu Le Pen, sie lebe von dem System, das sie kritisiere. »Sie sind sein Parasit.« Le Pen sei zudem die »echte Erbin« der »Partei der extremen Rechten Frankreichs«. Le Pen bemüht sich seit Jahren, ihrer Front National eine gemäßigtere Außendarstellung zu verschaffen. Der Liberale warf Le Pen dagegen immer wieder vor, »Lügen« und »Unsinn« zu verbreiten, »lächerliche Formeln« herunterzubeten und sich in Sachfragen nicht auszukennen. »Sie haben kein Projekt für unser Land«, sagte der 39-jährige Präsidentschaftsfavorit. »Das Land verdient etwas Besseres.«
Immer wieder fielen Macron und Le Pen sich gegenseitig ins Wort, die Moderatoren waren sichtlich überfordert. Die 48-jährige Rechtspopulistin versuchte ihren Rivalen zudem mit hämischem Lachen aus dem Konzept zu bringen und unterstellte ihm »Arroganz«. Macron versuchte derweil, seine Konkurrentin mit Detailfragen in die Ecke zu drängen, was ihm wiederholt gelang. Während Le Pen einen dicken Stapel Mappen vor sich liegen hatte, in denen sie immer wieder blätterte, bediente sich Macron keiner Hilfsmittel.
Die Front-National-Kandidatin machte den früheren Wirtschaftsminister für die magere Bilanz des sozialdemokratischen Staatschefs François Hollande verantwortlich und sagte, der Präsident würde Macron »fernsteuern«. »Herr Macron ist der Kandidat der wilden Globalisierung, der Uberisierung, der Prekarität, der sozialen Brutalität, des Krieges aller gegen alle, der wirtschaftlichen Plünderung«, sagte Le Pen gleich zu Beginn der zweieinhalbstündigen Fernsehdebatte, die von den Sendern TF1 und France 2 organisiert wurde.
»Der Euro ist die Währung der Banker, nicht die Währung des Volkes«, sagte Le Pen. Die 48-Jährige will einen »neuen Franc« einführen. Allerdings solle es parallel dazu weiterhin eine gemeinsame Währung geben, die etwa von Großunternehmen genutzt werden könne. »Das ist großer Unsinn«, sagte Ex-Wirtschaftsminister Macron. Le Pens Vorhaben sei ein »tödliches« und »gefährliches Programm«. »Meine Vision ist gerade, einen starken Euro zu bauen.« Der frühere Investmentbanker warnte, eine Abkehr vom Euro wäre »tödlich« für die Kaufkraft der Franzosen und die Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft. Er wolle einen starken Euro und ein starkes Europa, das »schützt«.
Le Pen bezichtigte Macron, Frankreich dem Nachbarn Deutschland zu unterwerfen. »Frankreich wird auf jeden Fall von einer Frau geführt werden. Das werde entweder ich sein oder Frau Merkel.« Macron wolle nichts machen ohne das Einverständnis der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). »Es sind die Ungleichgewichte in den Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, die in der Wirklichkeit die Keime des Krieges sind.«
Die Fernsehdebatte zwischen den beiden Wahlrunden ist in Frankreich traditionell einer der wichtigsten Wahlkampfmomente. Macron und Le Pen wollten am Mittwoch die vielen noch unentschlossenen Wähler für sich gewinnen, die bei der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag eine wichtige Rolle spielen dürften.
Macron war bei der ersten Runde am 23. April an erster Stelle gelandet und geht als klarer Favorit in die Stichwahl. Umfragen sahen ihn zuletzt mit rund 60 Prozent deutlich vor Le Pen, die demnach auf 40 Prozent käme. Agenturen/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.