Gefahr aus dem Erdreich

Angst vor Krebs durch Gas nicht nur in der Altmark

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.

Sorgen die giftigen Abfälle aus der Gasförderung, die im »Silbersee« in der Altmark verkippt wurden, in umliegenden Dörfern für ein erhöhtes Auftreten von Krebs? Die Bürgerinitiative »Saubere Umwelt und Energie Altmark« ist davon überzeugt. Es gebe eine »auffällige Krebsrate«, sagt ihr Sprecher Christfried Lenz; in Brüchau seien von 107 Bewohnern rund 20 an unterschiedlichen Arten von Krebs erkrankt oder bereits verstorben. Auch wegen solcher Gesundheitsgefahren müsse die Giftgrube umgehend saniert werden.

Die Landesregierung kann derweil keine Häufung feststellen. Es sei eine Abfrage beim Gemeinsamen Krebsregister der Ost-Bundesländer erfolgt und mit Daten aus der Altmark verglichen worden, sagte SPD-Wirtschaftsminister Martin Willingmann unter Berufung auf Recherchen des Sozialministeriums. Das Ergebnis: Der Altmarkkreis Salzwedel liege bei Neuerkrankungen und Todesfällen unter dem Durchschnitt des Landkreises. Auf die Nachfrage, ob es auch Zahlen für den direkten Umkreis von Brüchau gebe, sagte er, aufgrund geringer Fallzahlen sei ein »Herunterbrechen nicht möglich«. Der gesamte Landkreis hat etwa 87 000 Einwohner.

Der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen der Förderung von Erdgas und einem gehäuften Auftreten von Krebs gibt, steht spätestens seit September 2014 im Raum. Damals legte das Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen (EKN) Zahlen aus der Samtgemeinde Bothel vor, in der 8100 Menschen leben und wo es viele Förderstellen für Gas gibt. Dort seien überdurchschnittlich viele ältere Männer an Blutkrebs und Non-Hodgkin-Lymphom erkrankt: Von 2003 bis 2012 gab es 41 Fälle; im statistischen Durchschnitt zu erwarten gewesen wären 21 Fälle. Im Juni 2015 folgte eine weitere regionalisierte Untersuchung, diesmal für die Stadt Rotenburg (Wümme), die ebenfalls mitten im Erdgas-Fördergebiet liegt. Dort erkrankten auffällig viele ältere Männer an Leukämie und Multiplem Myelom, einem Krebs des Knochenmarks.

Ob es einen direkten Zusammenhang zur Gasförderung gibt, ist unklar; er wurde auch in einem offenen Brief nicht behauptet, den 212 Ärzte an Niedersachsens Sozialministerin schrieben. Sie verwiesen aber auf »große Beunruhigung« in der Bevölkerung und drängten auf Untersuchungen. Der Umweltmediziner Matthias Banz sprach aber von einem »erhärteten Verdacht«, das Krebs und die Förderung von Erdgas zusammenhängen. Er beobachtete, dass es mehr gesundheitliche Probleme gibt, je näher Menschen an Bohrstellen leben - oder an Plätzen, wo Bohrschlamm und Lagerstättenwasser entsorgt wurden. In einem Ort namens Rodewald prüft man Zusammenhänge zwischen Krebserkrankungen und einer Kaltgasfackel, in deren Umgebung 1988 erhöhte Werte der als krebserregend bekannten Chemikalie Benzol gemessen wurden.

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