Das Auge des Gesetzes - digital und überall?
Innenausschuss des Landtages debattierte über erweiterte Videoüberwachung und Bodycams für Polizeibeamte
Längst ein probates Mittel ist der Einsatz von Überwachungstechnik auch für die brandenburgische Polizei. Im Innenausschuss des Landtags in Potsdam ging es am Donnerstag um die Frage, ob und wie weit diese Befugnisse gesetzlich zu erweitern sind.
Rein zufällig wurde zeitgleich bekannt, dass es in wenigen Tagen eine Parlaments-Festveranstaltung »25 Jahre Datenschutz in Brandenburg« geben wird. Was vom Datenschutz heutzutage noch übrig geblieben ist, wird die Landesdatenschutzbeauftragte Dagmar Hartge bei dieser Gelegenheit sicherlich erklären. Vor dem Innenausschuss mahnte sie am Donnerstag, sich der enormen potenziellen Grundrechtsbeeinträchtigung bewusst zu sein, wenn noch mehr Videoüberwachung und der Einsatz von Bodycams, also von Kameras an der Polizeiuniform, auch in Brandenburg zur Debatte stehen sollten. Brandenburg habe keineswegs viele Orte, die als Gefahrenschwerpunkt eine Überwachungskamera erfordern würde, gab sie zu bedenken. Ihr Appell: die bestehenden Möglichkeiten sollten von der Polizei erst einmal ausgeschöpft werden. Hartge sprach sich gegen eine Bildaufzeichnung durch Bodycams auch in Wohnungen aus, die heimische Sphäre sei gegenüber dem Außenbereich »noch ganz anders geschützt«. In den Pausen der Polizeibeamten müsste die Kamera ausgeschaltet werden, stellte sie klar. Wenn ein Polizist auf diese Weise seine Kollegen ausspähen würde, wäre das eine Straftat.
Dagegen versprach sich Thomas Bode vom Bund Deutscher Kriminalbeamter viel von erweiterten Überwachungsmöglichkeiten. Wenn nach einem Konflikt heute Aussage gegen Aussage stehe, stünde die Polizei dem »wie im Mittelalter« gegenüber. Ein Problem sei, dass ein verspätetes Einschalten der Bodycam das Entstehen einer Konfliktsituation nicht erfasst und dadurch auch in Auswertung des Bildmaterials falsche Schlussfolgerungen gezogen werden könnten, räumte er ein. Bode bekannte sich dazu, dass die Videokamera unterschiedslos Angst mache. »Das soll sie auch.« Darin liege ihre Wirkung.
Eindeutig begrüßt werden eventuelle erweiterte Möglichkeiten von Timo Ritter von der Gewerkschaft der Polizei. Die Videotechnik sei ein geeignetes Mittel, die Sicherheit für die Bürger zu vergrößern. »Ja, wir brauchen eine Gesetzesänderung.« Als vor 15 Jahren die Einführung solcher Überwachung in Brandenburg zur Debatte stand, hatte die Gewerkschaft noch erklärt, dies erinnere an die DDR. Nicht überzeugt von den Vorteilen der schönen neuen Überwachungswelt zeigte sich Niels Zurawski von der Universität Hamburg. Für ihn ist eine positive Wirkung nicht erwiesen und ob die Technik Kriminalität verhindere, sei schon gar nicht nachweisbar. Zurawski wies auf die Interessen der Hersteller und der Polizei hin. Dies diene nicht zwangsläufig die Interessen der Bürger.
Vor ziemlich genau zehn Jahren, debattierte der Landtag, ob eine Videoüberwachung an vier Bahnhöfen fortgesetzt werde sollte. An Mittel der Gesichtserkennung und ähnlichen Finessen war damals überhaupt noch nicht zu denken. Für den Abgeordneten Hans-Jürgen Scharfenberg (LINKE) ist der Einsatz von Videokameras auch heute noch fraglich. Sie könnten nicht als »entscheidendes Mittel im Umgang mit Kriminalität betrachtet werden«, sagte er. Ihr Einsatz habe niemals die Erwartungen erfüllt, die sich mit ihnen verbunden hatten. Kriminalität konnte durch die Kameras zumindest nicht in größerem Umfang verhindert werden.
Seit 2005 darf die Polizei in Brandenburg Kameras einsetzen. Zuvor fand ein fünfjähriger Pilotversuch an vier Bahnhofsvorplätzen in Potsdam, Erkner, Rathenow und Bernau statt. Jährlich hatte die Überwachung dieser Plätze 260 000 Euro gekostet. An drei von vier Standorten verringerte sich die Zahl der Delikte erheblich. Doch Experten gehen davon aus, dass die Straftaten dann zum Teil nur wenige Meter entfernt, außerhalb des Sichtfelds der Kameras begangen werden.
Überschattet wurde die Anhörung durch eine Auseinandersetzung zwischen der Abgeordneten Ursula Nonnemacher (Grüne) und dem Ausschussvorsitzenden Sören Kosanke (SPD). Nonnenmacher hatte bemängelt, dass jeder Experte lediglich fünf Minuten Redezeit zugestanden bekam - ihrer Ansicht nach viel zu wenig. Kosanke warf ihr daraufhin vor, immer nur »herumzunörgeln«. Das verbat sich Nonnenmacher.
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