Nordrhein-Westfalen: SPD verliert Kraft
CDU gewinnt vor den Sozialdemokraten / Hannelore Kraft tritt als Landeschefin zurück / Grüne halbieren ihr Ergebnis / LINKE verfehlt Einzug ins Parlament / AfD schafft Sprung in den Landtag
Vorläufiges amtliches Endergebnis: SPD: 31,2% CDU: 33% Grüne: 6,4% FDP: 12,6% LINKE: 4,9% AfD: 7,4% Piraten: 1,0%, Andere: 3,7%
Update 24.00 Uhr: Laschet gewinnt Direktwahl nur knapp
Nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen hat CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet seinen Wahlkreis in Aachen knapp gewonnen. Nach Auszählung aller Stimmen entfielen auf ihn 35,8 Prozent und auf die SPD-Kandidatin Daniela Jansen 34,9 Prozent, wie die Stadt am späten Sonntagabend auf ihrer Internetseite mitteilte.
Lange war fraglich, ob Laschet sich in seinem Wahlkreis Aachen II durchsetzt. Eine Niederlage wäre brisant gewesen: Denn in Nordrhein-Westfalen kann - anders als in anderen Bundesländern - nur Ministerpräsident werden, wer ein Landtagsmandat besitzt. Artikel 52 der Landesverfassung schreibt vor, dass der Landtag den Regierungschef »aus seiner Mitte« wählt.
Aber auch bei einer Niederlage hätte es noch einen Weg für Laschet zum Landtagsmandat gegeben. Ein direkt gewählter CDU-Abgeordneter hätte auf sein Mandat verzichten müssen, Laschet wäre nachgerückt. Vor fünf Jahren hatte die SPD diesen Weg genutzt, um ihren im Wahlkreis gescheiterten Fraktionschef Nobert Römer ins Parlament zu bringen: Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) machte einen Abgeordneten zum Staatssekretär, und der gab sein Mandant zurück - Römer rückte nach.
Update 23.37 Uhr: Kraft gewinnt Wahlkreis
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat ihren Wahlkreis Mülheim I gewonnen. Die SPD-Politikerin sicherte sich den Sieg (43,7 Prozent) mit deutlichen Abstand vor der CDU (30,1 Prozent).
Update 23.20 Uhr: Laschet will mit SPD, Grünen und FDP reden
Nach seinem Wahlsieg in NRW hält sich CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet die Koalitionsoptionen offen. »Politik ist kein Wunschkonzert«, sagte Laschet am Sonntagabend im ZDF-»heute-journal«. Es gehe nun darum zu sondieren, mit wem die CDU die größten Schnittmengen habe. Reden wolle er mit FDP, SPD und Grünen. Eine große Koalition mit den Sozialdemokraten wollte er ausdrücklich nicht ausschließen.
Update 22.15 Uhr: SPD gewinnt in Schulz’ Heimatstadt Würselen
Falls das noch von Interesse ist: In der Heimatstadt von Martin Schulz ist die SPD 38,7 Prozent stärkste Kraft geworden - 2012 hatten die Sozialdemokraten in Würselen noch 39,4 Prozent geholt.
Update 21.36 Uhr: Lindner würde »im Notfall« Opposition machen
Will da jemand den Preis für eine Koalition hochtreiben oder ist da wirklich jemand sauer? FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner will auch bei einer Mehrheit von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen nicht automatisch eine schwarz-gelbe Koalition eingehen. »Ich bin nämlich nicht der Wunsch-Koalitionspartner von Herrn Laschet und er nicht meiner«, sagte Lindner am Sonntagabend in der ARD mit Blick auf den CDU-Wahlsieger. »Es könnte sein, dass es eine schwarz-gelbe Mehrheit gibt. Eine schwarz-gelbe Mehrheit heißt aber nicht, dass es eine schwarz-gelbe Regierung gibt«, sagte der Parteichef der Liberalen in Düsseldorf. In den vergangenen Wochen habe die CDU mehr Wahlkampf gegen die FDP als gegen die SPD gemacht. »Ich nehme das aber sportlich«, sagte Lindner: »Wir sind aus eigener Kraft gewählt worden und entsprechend eigenständig gehen wir in die Wahlperiode.«
Update 21.25 Uhr: Pretzell war für AfD-Erfolg nicht relevant
Die AfD hat den Sprung in ihren inzwischen 13. Landesparlament geschafft. Gegenüber früheren Wahlen zeigen sich beim Blick auf die ersten Zahlen einige Parallelen. Laut Zahlen von infratest dimap war für die Wähler der Rechtsaußenpartei fast völlig irrelvant, wer die AfD in den Wahlkampf führte. Nur sechs Prozent gaben an, dass der Spitzenkandidat für ihre Entscheidung wichtig gewesen wäre. Parteistratege Marcus Pretzell dürfte dies ärgern. Auch inhaltlich blieben sich die AfD-Wähler treu. Mit 61 Prozent sei für Sie das Thema Flüchtlinge und Zuwanderer entscheidend gewesen. Wenig überraschend vertrat die Partei im Wahlkampf einen asylfeindlichen Kurs. Deutlich weniger interessant für AfD-Wähler waren die Themen »soziale Gerechtigkeit« (37 Prozent), Innere Sicherheit (37 Prozent) sowie Wirtschaft und Arbeit. (24 Prozent)
Update 21.10 Uhr: Kraft will einfache Abgeordnte bleiben
Trotz ihres Rückzugs von den Parteiämtern will die scheidende Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD), ihr Landtagsmandat wahrnehmen. Sie hoffe, dass sie ihren Wahlkreis hole, sagte Kraft am Sonntagabend in Düsseldorf in der ARD. »Und das werde ich auch ausüben in den nächsten fünf Jahren«, fügte sie hinzu. Sie wolle eine »gute Wahlkreisabgeordnete« sein. Nach Angaben der Landeswahlleitung erzielt Kraft in ihrem Wahlkreis Mülheim I 59,1 Prozent der Erststimmen und sicherte sich damit das Mandat.
Update 20.58 Uhr: Oppermann hält Heraushalten von Bundesthemen für falsch
Das nennt man wohl freistrampeln: Der Chef SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, hat die Verantwortung für die schwere Niederlage seiner Partei in Nordrhein-Westfalen der NRW-SPD gegeben. »Der Wahlkampf ging um landespolitische Themen. Es ging um Innere Sicherheit, Wohnungseinbrüche in NRW, Staus, es ging um den Fall Amri, es ging um die Schulpolitik in der Zuständigkeit von Frau Löhrmann«, so Oppermann dem TV-Sender phoenix. »NRW wollte, dass wir keine bundespolitischen Themen fahren in dieser Zeit. Sie glaubten, damit die Wahl auch gewinnen zu können. Das hat sich als Irrtum gezeigt.« Nun habe Martin Schulz die Chance, »einen von Landespolitik unbeschwerten Wahlkampf selbst zu organisieren und die eigene Wahlkampagne auf Bundesebene« zu starten. Das heißt, der Wahlkampf von Schulz geht jetzt erst los?
Update 20.45 Uhr: Noch kein Wahlkreis vollständig ausgezählt
Wir nähern uns der Drei-Stunden-Marke seit Schließung der Wahllokale - und noch immer ist keiner der 128 NRW-Wahlkreise ausgezählt. Aber wir sind sicher: Gleich geht's los - und dann Schlag auf Schlag.
Update 20.20 Uhr: Jamaika auszuschließen war richtig
Die Spitzenkandidatin der Grünen bei der NRW-Wahl, Sylvia Löhrmann, hat das Ausschließen einer Jamaika-Koalition mit CDU und FDP als richtig bezeichnet. FDP-Chef Christian Lindner habe den Grünen Ideologie vorgeworfen, sagte die 60-Jährige am Sonntagabend in Düsseldorf. »Ich glaube, wenn wir uns nicht abgegrenzt hätten, wären wir jetzt vielleicht nicht mehr im Parlament.« Die bisherige Regierung aus SPD und Grünen wurde abgewählt. Löhrmann räumte auch eigene Fehler im Wahlkampf ein.
Update 20.00 Uhr: Piraten erleiden auch in NRW Schiffbruch
Es war ein Untergang mit Ansage für die Piraten. Auch bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen schafft es die Partei am Sonntag nicht über die Fünf-Prozent-Hürde. Die Piraten verabschieden sich damit aus dem letzten Landtag.
Seit Monaten hatte sich das schlechte Abschneiden der Partei abgezeichnet. Sowohl im Saarland als auch in Schleswig-Holstein flogen die Piraten in diesem Jahr hochkant aus den Landtagen. Dementsprechend gefasst nimmt NRW-Spitzenkandidat Michele Marsching die Niederlage auf. »Wir haben im Moment einen schweren Trend«, sagt Marsching am Sonntagabend in Düsseldorf. »Das ist enttäuschend. Wir haben auf ein bisschen mehr gehofft.«
Nach den Hochrechnungen kommen die Piraten nur auf etwas über ein Prozent Stimmenanteil. 2012 waren sie noch mit 7,8 Prozent in den nordrhein-westfälischen Landtag eingezogen. Ohne Vertreter in den Landesparlamenten wollen die Piraten nun auf kommunaler Ebene weitermachen. »Wir haben 150 kommunale Mandatsträger allein in Nordrhein-Westfalen«, sagt der NRW-Landesvorsitzende Dennis Deutschkrämer. »Jetzt heißt es ganz klar: Zähne zusammenbeißen.«
Update 19.50 Uhr: Warum das LINKEN-Ergebnis entscheidend sein könnte
Das Abschneiden der LINKEN bei der NRW-Landtagswahl ist aus mehrfacher Hinsicht interessant, nicht allein aus Sicht der Sozialisten. Käme die Linkspartei in den Düsseldorfer Landtag, blieben rechnerisch für eine künftige Regierung nur noch eine große Koalition oder ein Bündnis von CDU, FDP und Grünen. Schafft die LINKE dagegen nicht den Sprung über die 5-Prozent-Hürde, würde es rechnersich für eine schwarz-gelbe Koalition reichen.
Update 19.37 Uhr: Löhrmann will keine Ämter in der Fraktion übernehmen
Die nordrhein-westfälische Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann will in der künftigen NRW-Landtagsfraktion ihrer Partei nach den deutlichen Stimmenverlusten bei der Landtagswahl kein Amt übernehmen. »Selbstverständlich übernehme ich dafür Verantwortung«, sagte Löhrmann am Sonntagabend in der ARD zum Wahlergebnis. »Den Anteil, den ich an dieser Niederlage habe, den nehme ich auch an.« Sie stehe deshalb für einen Posten in der Fraktion nicht zur Verfügung. Die bislang an der Regierung beteiligten Grünen stürzen nach den ersten Hochrechnungen auf 6,0 Prozent in NRW ab.
Update 19.20 Uhr: LINKE bei Arbeitern stark
Laut Zahlen von Infratest Dimap hat die Linkspartei vor allem bei Arbeitern gut abgeschnitten - sie holte hier 10 Prozent.
Update 19.10 Uhr: Abgrenzung von der LINKEN habe »nix gebracht«
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, hat die SPD zu einem Kurswechsel gegenüber seiner Partei aufgefordert. Das Signal der NRW-Landtagswahl mit einem Sieg der CDU gehe in erster Linie an die Sozialdemokraten, sagte er am Wahlabend. Der SPD und der abgewählten SPD-Regierungschefin Hannelore Kraft habe es »nix gebracht, sich so extrem von den Linken abzugrenzen«.
Die SPD bekomme keine Glaubwürdigkeit, »wenn sie meint, mit der FDP soziale Gerechtigkeit machen zu können«. Die Linkspartei muss derweil weiter um den möglichen Einzug in den Landtag zittert. Unabhängig davon, ob man nun knapp den Sprung schaffe oder nicht, werde man im Bundestagswahlkampf »verstärkt auf unsere eigenen Konzepte schauen und unsere eigenen Konzepte in den Vordergrund bringen und für unsere Vorstellung von sozialer Gerechtigkeit, für höhere Renten, höhere Löhne, gegen prekäre Arbeit und für eine gerechte Steuerpolitik werben«, sagte Riexinger.
Die Vorsitzende Katja Kipping hatte das Ergebnis von NRW bereits als Erfolg bezeichnet: »Wir haben unser Ergebnis verdoppelt. Das gibt uns Schwung für den Bundestagswahlkampf.« Auch die NRW-Spitzenkandidatin Özlem Demirel äußerte sich in diese Richtung: Man habe die »absoluten Stimmen auf jeden Fall verdoppelt«. Dies sei ein »Riesenerfolg«. Die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak nahm eine andere Sichtweise ein. Bei den jüngsten drei Landtagswahlen sei das Lager »konservativ-rechts im Plus« gewesen oder »Konservativ-rechts-liberal legt zu«. Die sei »kein Grund zum Feiern für Parteien links der Mitte«, twitterte Wawzyniak.
Update 19.02 Uhr: AfD reagiert verhalten auf den Wahleinzug
Die AfD-Spitze hat mit verhaltener Freude auf das Wahlergebnis in Nordrhein-Westfalen reagiert. »Wir werden in der Bundestagswahl deutlich stärker sein als in NRW«, behauptete Parteichef Jörg Meuthen am Sonntagabend in Berlin, nachdem erste Hochrechnungen die AfD bei gut sieben Prozent gesehen hatten. Partei-Vize Alexander Gauland räumte ein, dass die innerparteilichen Konflikte vor dem Bundesparteitag im April der AfD geschadet haben könnten. Er sagte, es sei durchaus möglich, »dass diese Diskussionen auch dazu beigetragen haben, dass Wähler abgesprungen sind«. Da diese Konflikte nun »hinter uns liegen, kann es ja nur besser werden«, fügte er hinzu. AfD-Spitzenkandidat Marcus Pretzell hatte als Zielvorgabe ein zweistelliges Ergebnis ausgerufen.
Update 18.58 Uhr: Voll auf die Nuss
Zwei Gewinner haben die letzten Wochen: Angela Merkel und Sigmar Gabriel. Merkel, weil sie mit stoischer Gelassenheit die Aufregung um Martin Schulz ausgesessen und ihre CDU in den Umfragen längst wieder in Führung gebracht hat. Gabriel, weil er nun als eloquenter Außenminister dasteht und nicht als der Mann, der die Wahlen vergeigt. Wolfgang Hübner über die erneute Wahlpleite der SPD.
Update 18.47 Uhr: SPD erreicht schlechtestes NRW-Ergebnis seit 1947
Bei der SPD herrscht nach dem bislang schlechtesten NRW-Ergebnis - 1947 hatte man 32 Prozent erreicht - Katzenjammer. SPD-Generalsekretärin Katrina Barley zeigte sich enttäuscht über den Ausgang der Landtagswahl. »Das ist ein ganz bitterer Tag für die SPD«, sagte sie. In NRW als sozusagen Stammland der Sozialdemokraten zu verlieren, »ist besonders hart«. SPD-Vize Ralf Stegner nannte das Wahlergebnis eine »wirklich herbe Niederlage«, es sei ein »ganz, ganz schwarzer Tag für die SPD, nicht nur in Nordrhein-Westfalen«. Die SPD habe »einen Haken bekommen, aber sie steht noch«. Aufgeben komme für die Sozialdemokraten nicht in Frage, so Stegner mit Blick auf die Bundestagswahl. Noch am Abend war SPD-Landeschefin Hannelore Kraft von allen Parteiämtern zurückgetreten. »Ich übernehme persönlich die Verantwortung«, sagte die bisherige Ministerpräsidentin am Sonntagabend und kündigte an, mit sofortiger Wirkung ihre Ämter als Landesparteichefin und als Vize der Bundes-SPD niederzulegen. »Das ist kein guter Tag für die Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen«, so Kraft. Sie räumte ein, dass die SPD »das Vertrauen der Wähler nicht mehr gewinnen« konnte, und erklärte, sie wolle mit ihrem Rückzug der Landespartei »eine Chance auf einen Neuanfang« im bevölkerungsreichsten Bundesland einräumen.
Update 18.40 Uhr: LINKE könnte Schwarz-Gelb verhindern
Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, hat das Wahlergebnis ihrer Partei in NRW »eine hervorragende Vorlage« für die Bundestagswahl im Herbst genannt - »wir haben toll gekämpft und unser Ergebnis verdoppelt«. Der Berliner Landtagsabgeordnete Udo Wolf bezeichnete das Ergebnis auf Twitter als Ausdruck von »Ironie«: Die »von Kraft geschmähte Linke ist mit ihrem Einzug in den Landtag die letzte Hoffnung der SPD an der Regierung beteiligt zu sein«, so Wolf. Sein Parteikollege aus dem Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg, sagte in Richtung der Sozialdemokraten: »Die SPD muss inhaltlich Farbe bekennen oder kann aufgeben«. Nur der Einzug der Linkspartei in den NRW-Landtag verhindere Schwarz-Gelb. Der sachsen-anhaltische Linkenpolitiker Andreas Höppner meinte mit Blick auf den Ausschluss einer Koalition unter Beteiligung der Linken durch die Sozialdemokraten, »tja liebe SPD in NRW. Wer alles und vieles ausschließt, schließt auch einen Wahlsieg aus«.
Update 18.30 Uhr: Kraft kündigt Rücktritt als SPD-Landesvorsitzende an
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat ihren Rücktritt als stellvertretende SPD-Vorsitzende und als SPD-Landesvorsitzende erklärt. Sie übernehme damit die Verantwortung für die schwere Niederlage der SPD bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, sagte Kraft am Sonntagabend in Düsseldorf. »Die Entscheidungen, die getroffen worden sind, dafür übernehme ich persönlich die Verantwortung. Und deshalb werde ich mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Landesvorsitzende der SPD und als stellvertretende Bundesvorsitzende zurücktreten, damit die NRW-SPD eine Chance auf einen Neuanfang hat.«
Update 18.25 Uhr: LINKE muss um den Einzug zittern
Bei der Linkspartei heißt es nun erst einmal Zittern: Auch nach der ersten Hochrechnung steht die Partei bei 5 Prozent. Der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich kritisierte in einer ersten Reaktion die Sozialdemokraten. »Darauf zu setzen, dass die Linke nicht in Landtage gewählt wird, war eine geniale Strategie der SPD«, so der Außenexperte voller Sarkasmus: »Für die CDU.« Der Bundestagsabgeordnete Niema Movassat erklärte, »kommt die Linke nicht rein, gibt’s Schwarz-Gelb«. Dies heiße »möglicherweise Studiengebühren. Also Daumendrücken, dass es für Linke reicht.« Ähnlich äußerte sich der sachsen-anhaltische Linkenpolitiker Wulf Gallert - auch er drückte der Landespartei »die Daumen. Davon abgesehen ist das ein klarer Rechtsrutsch in NRW. Über die Ursachen müssen wir reden«, so Gallert. Sein Parteifreund Andreas Höppner meinte, »auch wenn es mit aktuell 5 Prozent noch etwas wacklig ist, gratuliere« er der Landespartei »zu diesem Top Ergebnis«. Klar sei jetzt schon, dass sie an Stimmen deutlich dazugewonnen habe. Dies betonte auch die Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzende, Susanne Hennig-Wellsow - sie lobte »eine Verdopplung des Wahlergebnisses«.
Update 18.14 Uhr: Ernüchterung, aber auch Aufatmen bei den Grünen
Bei den Grünen herrscht nach den ersten Zahlen eine Mischung aus Ernüchterung und Aufatmen. Bundeschef Cem Özdemir sagte in Richtung der Landespartei, »ihr habt gekämpft und alles gegeben. Großen Respekt und Dank«. Die Wahl sei zwar »verloren« dies gelte aber nicht für die Überzeugungen. Der Grüne-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler reagierte auf Twitter mit den Worten »richtig bitter« auf die Prognose. » Schade«, sagte der Grünen-Politiker Dieter Janecek und ergänzte mit Blick auf die Landespartei: »Gut, dass ihr weiter dabei seid.« Die kommenden Aufgaben schätzt Janecek offenbar schwierig ein: »In 131 langen Tagen ist Bundestagswahl«. Seine Parteifreundin Antje Kapek zeigte sich immerhin erleichtert über das wahrscheinliche Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde: »Puh.« Es sei zwar gut, dass die Grünen »wahrscheinlich wieder im Landtag sind«, damit sei »aber keine gute Aussicht für NRW« verbunden.
Update 18.03 Uhr: Rot-Grün verliert, FDP stark, AfD drin, LINKE muss zittern
Laut den 18 Uhr Prognosen nach Schließung der Wahllokalen ist die rot-grüne Landesregierung der große Verlierer dieses Wahlabends und kann nicht weiterregieren. Demnach verliert die SPD von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und erreicht 30, 5 Prozent. Die CDU von Herausforderer Armin Laschet überholt dagegen laut ARD-Prognose die Sozialdemokraten und bekommt 34,5 Prozent der Wählerstimmen. Wahlverlierer sind hingegen die Grünen. Die Ökopartei fährt demnach schwere Verluste ein und schafft es mit 6 Prozent nur noch knapp in den Düsseldorfer Landtag. Jubel dürfte dagegen bei der FDP herrschen. Sie kann laut Prognosen ihr Ergebnis deutlich verbessern und erreicht 12 Prozent. Knapp drin sein dürfte ebenfalls die LINKE. Die Genossen erreichen 5,0 Prozent und müssen den Abend über zittern. Zum ersten mal im Landtag vertreten ist mit Sicherheit auch die AfD. Die Rechtsaußenpartei schaffte laut 18-Uhr-Prognose mit 7,5 Prozent den Sprung ins Parlament.
Update 17.30 Uhr: Bisher kaum Interesse am Public-Viewing
Vor dem Düsseldorfer Landtag steht ein großer Bildschirm. Bürger können hier den Wahlabend verfolgen. Bisher sind erst wenige Menschen gekommen. Im Landtag steigt unterdessen die Spannung. Es sieht so aus als könnten die Sozialdemokraten nicht mehr als stärkste Partei abschneiden.
Update 17.15 Uhr: Wahlbeteiligung wohl höher als 2012
Der Trend der ersten Stunden scheint sich zu bestätigen: Zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale zeichnet sich bei der Abstimmung in Nordrhein-Westfalen eine deutlich höhere Wahlbeteiligung als fünf Jahre zuvor ab. Laut Landeswahlleitung gaben bis 16 Uhr 59 Prozent der Abstimmungsberechtigten ihre Stimme ab. Bei der Landtagswahl 2012 hatte der Wert noch bei 52,5 Prozent gelegen. Grundlage für die Zahlen ist eine Stichprobe in acht ausgewählten Kreisen und kreisfreien Städten.
Update 16.00 Uhr: Grüne Nervosität
Seit Monaten fallen bei den Grünen die Umfragewerte. Die Partei liegt nur noch bei sechs Prozent und im Wahlkampf will ihnen nichts so richtig gelingen. Sebastian Weiermann über den schweren Stand der Ökopartei in NRW.
Update 15.40 Uhr: Höhere Beteiligung an Landtagswahl – ein Überblick
Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen steigt die Spannung. Drei Stunden vor Schließung der Wahllokale hatten bereits deutlich mehr Wahlberechtigte im bevölkerungsreichsten Bundesland ihre Stimme abgegeben als vor fünf Jahren. Bis zum Mittag (12.00 Uhr) hatte der Landeswahlleiter in acht ausgewählten Kreisen und kreisfreien Städten eine Beteiligung im Schnitt von knapp 34 Prozent festgestellt. Das waren fünf Prozentpunkte mehr als 2012. Damals hatte die Wahlbeteiligung am Ende allerdings nur den sehr niedrigen Wert von 59,6 Prozent erreicht. In einigen Städten wie Köln und Essen hatten 38,3 Prozent beziehungsweise 40,4 Prozent der Wahlberechtigten bis 14.00 Uhr ihre Stimmen abgegeben.
Update 15.15 Uhr: Das Orakel von Rhein
Die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen werden oft auch als kleine Bundestagswahl bezeichnet. Wenn sie wie, in diesem Jahr, kurz vor der Wahl im Bund stattfinden, gelten sie als entscheidender Test. NRW und der Bund haben eine lange Geschichte gegenseitiger Beeinflussung.
Update 15.00 Uhr: Für AfD-Pretzell geht es um viel
AfD-Spitzenkandidat Marcus Pretzell ist auch in den eigenen Reihen umstritten. Mit gerade 54 Prozent der Stimmen war er auf Platz eins der Landesliste gewählt worden. Zuletzt scheiterte sein Versuch, seinen Ko-Vorsitzenden Martin Renner aus dem Landesvorstand zu werfen. Der 43-Jährige ist Europaabgeordneter. Er gehört der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) um die Abgeordneten der rechtsextremen französischen Partei Front National an. Sein selbst erklärtes Ziel: »Den Zeitgeist wieder drehen« - unter anderem mit provokanten Tweets. Pretzell ist Ehemann von Bundesparteichefin Frauke Petry. Sollte die AfD in NRW schlecht abschneiden, wäre es für beide ein herber Rückschlag im parteiinternen Machtkampf.
Update 14.00 Uhr: Die Doppelspitze der LINKEN
Zur Erinnerung: Die LINKE geht mit einer Doppelspitze in den Landtagswahlkampf. Die beiden Sprecher des Landesvorstands, Özlem Demirel und Christian Leye, wurden auch auf die Plätze eins und zwei der Landesliste gewählt. Die 33-jährige Demirel war bereits in der vorletzten Legislaturperiode Landtagsabgeordnete. Der 36-jährige Leye ist Mitarbeiter im Wahlkreisbüro von Bundestagsfraktionschefin Sahra Wagenknecht. Beide habe die rot-grüne Landesregierung scharf angegriffen und ihr vorgeworfen, sie habe »die soziale Gerechtigkeit links liegen lassen«. Allerdings signalisierte Demirel wenige Tage vor der Abstimmung noch einmal, sie könne sich auch die Tolerierung einer rot-grünen Minderheitenregierung vorstellen. Inhaltlich setzte die Partei im Wahlkampf auf soziale Themen.
Update 13.30 Uhr: Mehr Wähler pilgern an die Urnen
Die Wahlbeteiligung in Nordrhein-Westfalen ist deutlich höher als bei der Landtagswahl vor fünf Jahren. Bis 12 Uhr lag sie im Durchschnitt bei 34 Prozent. 2012 waren es 29 Prozent. Unser »nd«-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen, Sebastian Weiermann, hat davon wenig mitbekommen. In seinen Wahllokal im Dortmunder Norden hatten erst wenige Menschen abgestimmt. Im Wahllokal hat er nur zwei Hunde getroffen, die sich gegenseitig anbellten. Aber auch die Stadt Dortmund meldet eine stark erhöhte Wahlbeteiligung. Vor fünf Jahren lag sie am Mittag bei 19 Prozent. Diesmal sind es 29 Prozent.
Update 12.50 Uhr: Rege Wahlbeteiligung zeichnet sich ab
Bei der NRW-Wahl zeichnet sich offenbar eine rege Beteiligung ab. In Dortmund beispielsweise hatten um 10 Uhr schon mehr als 13 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben, drei Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. In Essen waren es nach Angaben des dortigen Wahlamtes 9,5 Prozent, gut ein Punkt mehr als 2012.
Update 11.10 Uhr: Für den Bundesrat ist es egal wie es ausgeht
Egal wie das Ergebnis sein wird: Auch nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen wird die Berliner Große Koalition weiter über keine eigene Mehrheit im Bundesrat verfügen. Schwarz-Rot kommt derzeit in der Länderkammer auf 16 von insgesamt 69 Stimmen. Sollten CDU und SPD im Saarland, in Schleswig-Holstein und in NRW jeweils zu einer Landesregierung zueinander finden, erhielte das Lager zwar 10 weitere Stimmen - also insgesamt 26. Für Beschlüsse ist aber die absolute Mehrheit von 35 nötig. In der Regel stimmen Länder nur zu, wenn Konsens in der jeweiligen Koalition herrscht. Falls nicht, gibt es eine Enthaltung, was quasi als Nein gerechnet wird.
Update 10.40 Uhr: Es gehen wieder mehr wählen
Auch an diesem Sonntag wird man auf eine Zahl blicken: die Wahlbeteiligung. Die jüngsten Abstimmungen in den Ländern lassen darauf schließen: Der jahrelange Abwärtstrend bei der Beteiligung ist gebrochen. Und das nicht nur in Schleswig-Holstein, wo sie vor einer Woche 64,2 Prozent erreichte, vier Punkte mehr als 2012. Im Saarland gaben im März immerhin 69,7 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab; das waren rund acht Punkte mehr als 2012. Auch bei den fünf Wahlen des vergangenen Jahres (Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) stieg die Beteiligung. Das kam einerseits der AfD zugute, andererseits konnte zuletzt auch die CDU mehr Nichtwähler wieder an die Urnen locken. Beides hängt miteinander zusammen: Experten gehen aber auch davon aus, dass das Erstarken der Rechtsaußenpartei wieder mehr Anhänger traditioneller Parteien in die Wahllokale zieht. Den bundesweiten Negativrekord hält Sachsen-Anhalt mit 44,4 Prozent bei der Landtagswahl im März 2006. In NRW lag die Beteiligung vor fünf Jahren bei 59,6 Prozent.
Update 9.25 Uhr: Wie war das eigentlich vor fünf Jahren?
Bislang sind fünf Parteien im Parlament am Rhein vertreten. Mit Abstand stärkste Kraft wurde 2012 die SPD mit 39,1 Prozent der Stimmen. Die CDU fuhr unter Norbert Röttgen mit 26,3 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis bei einer NRW-Landtagswahl ein. Die Grünen erhielten 11,3 Prozent und die FDP 8,6 Prozent. Die Piraten zogen mit 7,8 Prozent erstmals ins Landesparlament ein; die Linkspartei verpasste damals den Wiedereinzug mit nur 2,5 Prozent.
Update 9 Uhr: Was sagen die Umfragen?
Wenn von Umfragen aus NRW die Rede ist, dann klingen meist zwei Hintergrundmelodien an - die eine handelt vom so genannten Schulzeffekt, die andere davon, dass SPD und CDU sich ein »Kopf-an-Kopf-Rennen« liefern. Dabei spielt sich in NRW bei dieser Wahl das eigentlich Interessante weiter hinten ab, denn zieht man die statistischen Unschärfen in Betracht, die es bei jeder Umfrage gibt, lässt sich schwer vorhersagen, wer eigentlich in welcher Mandatsstärke in den Landtag reinkommt - und das hat erhebliche Auswirkungen auf die Regierungsbildung. Wie ist die Lage? Als wahrscheinlichste Regierungsoption nach der Wahl galt zuletzt eine große Koalition, die das derzeitige rot-grüne Landesbündnis ablösen könnte. So weit so bekannt. Wir haben den Durchschnitt der im Mai veröffentlichen Umfragen gebildet und zudem eine Tendenz, die einen längeren Verlauf der Ergebniskursen illustriert.
SPD 31,6 (fallend)
CDU 31,2 (steigend)
FDP 12,1 (steigend)
AfD 7,3 (fallend)
Grüne 7 (fallend)
Linkspartei 6 (steigend)
Update 8 Uhr: Nordrhein-Westfalen entscheidet
In Nordrhein-Westfalen hat die Landtagswahl begonnen. Nachrichtenagenturen pflegen an dieser Stelle Formulierungen zu notieren wie »die mit Spannung erwartete« - aber das gilt irgendwie ja ein bisschen für jede Wahl. Dass es sich um »die kleine Bundestagswahl« handelt, wird auch oft behauptet. Der Parteienexperte Karl-Rudolf Korte warnte zuletzt aber davor, die bundespolitischen Konsequenzen der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu überschätzen. »Bis zur Bundestagswahl kann noch viel passieren«. Vier Wochen nach der Wahl interessiere »das NRW-Ergebnis kaum noch«.
Zunächst gilt aber erst einmal: Wie geht es an diesem Sonntag aus? Bis 18 Uhr sind rund 13,1 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, die Zusammensetzung eines neuen Landestags zu bestimmen. Insgesamt bewerben sich mehr als 1300 Frauen und Männer um die mindestens 181 Mandate im Düsseldorfer Landtag. Zugelassen sind die Landeslisten von 31 Parteien. Das Angebot war bei einer NRW-Landtagswahl noch nie so groß wie in diesem Jahr. Insgesamt sind Landeslisten von 31 Parteien zugelassen, 14 mehr als vor fünf Jahren. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2013 waren in NRW 22 Parteien mit Landeslisten dabei. Vor fünf Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 59,6 Prozent.
NRW hat das größte Parlament aller Bundesländer. Mindestens 181 Abgeordnete gehören dem Landtag an. Wegen zahlreicher Überhang- und Ausgleichsmandate gibt es in der zu Ende gehenden Legislaturperiode sogar 237 Sitze. Die neuen Abgeordneten werden in 128 Wahlkreisen und aus den Landeslisten der Parteien gewählt. Den Umfragen zufolge könnten bis zu sechs Parteien in den neuen Düsseldorfer Landtag einziehen, darunter die derzeit nicht im Parlament vertretene Linkspartei und die Rechtsaußenpartei AfD. mit Agenturen
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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