Ein, zwei, viele Revolutionen

»neues deutschland« öffnet am 19. und 20. Mai 2017 wieder seine Türen zu »ndLive«

  • Tom Strohschneider
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Wort wie Revolution taucht heute an jeder Straßenecke auf: »Die Kirche braucht eine Revolution«, hieß es dieser Tage im Radio. »In China könnte die nächste Auto-Revolution starten«, liest man im Wirtschaftsteil der Zeitung. Und unter der Überschrift »Schulung für die Revolution« ging es unlängst nicht etwa um leninistisch inspirierte Ausbildungscamps für kommende Umstürzler – sondern um eine Neuerung im Fußball.

Für die Konjunktur dieser Art von »Revolution« kann das, was damit ursprünglich einmal gemeint war, nichts. Wo im Rennen um die nächste Neuigkeit, die einen Konkurrenzvorteil verspricht oder einfach nur ein bisschen Aufmerksamkeit, noch die kleinste Veränderung zur angeblichen Revolution gerät, wird immer unschärfer, was es im engeren Sinne mit jenen grundlegenden, nachhaltigen, an die Wurzeln gehenden strukturellen Veränderungsprozessen noch auf sich hat.

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Kann man, und mit Aussicht auf welchen Erfolg, heute überhaupt noch Revolution wollen? Wenn vor dem Hintergrund des 100. Jahrestages der beiden russischen Revolutionen des Jahres 1917 nun hier und dort der historische Bogen geschlagen wird, muss sich auch die Linke Rechenschaft darüber ablegen, wie weit sie mit Revolution bisher wirklich kam – und wie weit mit dem als Antipode verstandenen Konzept der Reform.

Die Debatte ist alt, sie immer wieder neu zu führen, bleibt eine Notwendigkeit. Und es wird dabei heute nicht mehr vorderhand über putschistische Unmittelbarkeiten geredet werden müssen, sondern um ebenso radikale wie demokratische Prozesse, die länger dauern, als es einem mitunter lieb sein kann.

Zum Beispiel die Sache mit dem Autofahren. Was als »Revolution« da mit Blick auf China gemeint war, ist eigentlich das genaue Gegenteil – der Versuch, ein altes Modell der Mobilität zu retten. Mit einem bisschen Schnickschnack. Und mit viel Digitalisierung. Das Auto bleibt dabei Auto, wo es doch erst eine wirkliche Revolution wäre, wenn Mobilität zum Beispiel zu einer öffentlichen und kollektiven Angelegenheit würde.

Natürlich gibt es dazu Ansätze, aber die Revolution fährt hier im doppelten Wortsinne Fahrrad: etwas langsamer als man hofft, und mitunter in den Blick nehmend, was schon lange gut währt – eben: Fortbewegung auf dem Drahtesel. Auch die Mehrheit der nd-Redaktion nutzt diese Technologie, um täglich eine Zeitung zu produzieren, in der nicht nur die historischen Revolutionen und ihr Erbe ein Thema sind, sondern die sich auch immer wieder selbst neu erfinden muss.

Ob das dann immer gleich eine »Revolution« wird, ist eine andere Frage. Und wie könnte man die besser beantworten als im Zwiegespräch – beim gemeinsamen Feiern bei ndLive?

Seien Sie dazu herzlich eingeladen. Und nehmen Sie Ihre Nachbarn und Freunde mit.

Ihr Tom Strohschneider

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