Gabriel will Soldaten aus Türkei abziehen
Streit um verwehrten Truppenbesuch von Abgeordneten spitzt sich zu / Merkel gegen Rückzug aus Konya
Washington. Im Streit um die Bundeswehrtruppen in der Türkei hat Außenminister Sigmar Gabriel auch mit einem Abzug deutscher Soldaten aus einem NATO-Verband gedroht. Bei einem Besuch in Washington erklärte er, dass es in der Auseinandersetzung mit Ankara um ein Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete nicht nur um die in Incirlik stationierten »Tornado«-Aufklärungsflugzeuge der Bundeswehr, sondern auch um die »Awacs«-Aufklärungsflieger der NATO im türkischen Konya gehe. Nach Gesprächen mit der US-Regierung sagte Gabriel: »Das ist eine integrierte Entscheidung. Ich glaube jedenfalls, dass beide Dinge schwer voneinander zu trennen sind.«
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) teilt diese Meinung jedoch nicht. Sie will den Streit um das Besuchsverbot in Incirlik nicht mit einem möglichen Abzug von Soldaten aus Konya verknüpfen, ließ sie am Freitag von ihrem Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten. Es gebe in der NATO keinerlei Diskussionen über einen Abzug aus Konya, fügte er hinzu. Die »Awacs«-Maschinen sind der bisher einzige größere Beitrag der NATO zum internationalen Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Sie sind zu einem Drittel mit Bundeswehrsoldaten besetzt.
Die Türkei hat einer Bundestagsdelegation einen Besuch bei den in Incirlik stationierten rund 260 Bundeswehrsoldaten untersagt. Nach Informationen des Auswärtigen Amtes haben türkische Behörden auch einen Besuch in Konya abgelehnt. Allerdings war dieser nicht von einer Delegation beantragt worden, sondern von einem einzelnen Abgeordneten.
Die Türkei begründet es damit, dass Deutschland türkischen Soldaten Asyl gewährt habe. Ankara wirft diesen Soldaten vor, in den Putschversuch vom Juli 2016 involviert gewesen zu sein.
Die Bundesregierung überlegt, die Soldaten und ihre Aufklärungsmaschinen nun nach Jordanien zu verlegen, falls die Türkei nicht einlenkt. Ein Antrag der Oppositionsfraktionen von LINKEN und Grünen zum sofortigen Incirlik-Abzug hatte am Donnerstagabend im Bundestag keinen Erfolg, sondern wurde mit den Stimmen von Union und SPD an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. dpa/nd Kommentar Seite 4
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.