Merkel, die falsche Jeanne d´Arc der Klimapolitik

Beim Petersberger Klimadialog will Merkel den Pariser Klimavertrag vor Trump retten. Doch wenns ums Geld geht wird die Kanzlerin selber wortbrüchig, schreibt Eva Bulling-Schröter

  • Eva Bulling-Schröter
  • Lesedauer: 4 Min.

Einmal im Jahr, im Sommer vor den UN-Klimaverhandlungen, treffen sich in Berlin, im Konferenzgebäude gleich neben dem Brandenburger Tor am Pariser Platz, die Staatenlenker dieser Erde. Wenige Meter von meinem Büro entfernt wird mal auf großer Bühne, mal in kleinen, informellen Hinterzimmergesprächen über die Zukunft der internationalen Klimadiplomatie beraten. Hier werden die Richtungsentscheidungen der UN-Klimagipfel vorbereitet. Hier werden die Weichen gestellt, ob die Erderwärmung rechtzeitig gestoppt wird. Oder eben nicht. Die wichtigste Aufgabe der Klimadiplomatie war beim achten Petersberger Klimadialog die Frage, ob die Vereinigten Staaten unter der Fuchtel von Trump im Pariser Klimaabkommen von 2015 verbleiben. Oder ob die Führungsmacht aus dem Vertrag aussteigt. Und ein Dominoeffekt das mühselig über mehrere Jahrzehnte verhandelte Völkerrecht zu Grunde richtet.

Zwei Jahre ist es her, dass sich Angela Merkel im verglasten Gebäude zwischen US-Botschaft und dem altehrwürdigen Adlon-Hotel vor die Kameras stellte. Und ein in der Klimaretter-Szene viel beklatschtes Versprechen machte: Deutschland wird seine staatlichen Ausgaben für die internationale Klimafinanzierung bis 2020 verdoppeln. Damals, kurz vor dem entscheidenden Pariser Klimagipfel war das ein starkes Zeichen. Seht her, eine der größten Industrienationen der Erde, der größte Klimasünder in der Europäischen Union, macht Ernst. Und leistet einen fairen Beitrag für ein anderes Versprechen. Nämlich das der Industrienationen, den Ländern des globalen Südens den angerichteten, historischen Schaden zu ersetzen, und jedes Jahr 100 Milliarden Dollar an Klima-Entwicklungshilfe zu überweisen. Für Windräder, für Solarpaneele, für Deiche und für Entschädigungen für Bauern, die ihre Ernte wegen der immer häufiger werdenden Dürren immer öfters verlieren.

Auch brauchte die Große Koalition endlich wieder ein Klima-Erfolgserlebnis. SPD-Koalitionspartner im Wirtschaftsministerium Sigmar Gabriel war nach einem Strohfeuer der Entrüstung eingeknickt. Wie Merkel ein Ex-Umweltminister wollte der damalige SPD-Chef eine Reihe alter Kohlekraftwerke, die größten CO2-Dreckschleuchern hierzulande, mit einer neuen Klimaabgabe in die Knie zwingen. Eingeknickt war das sozialdemokratische Schwergewicht auch, weil Kanzlerin Merkel sich wie immer aus dem schmutzigen Tagesgeschäft herausgehalten hatte.

Auch heute gibt Merkel die Jeanne d´Arc des Weltenklimas. »Wir haften füreinander, wir sind eine Schicksalsgemeinschaft,« mahnte Merkel am Dienstag die Umsetzung des Pariser Klimavertrags an, der die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts auf höchstens 2 Grad Celsius beschränken soll, möglichst auf 1,5 Grad. Es bleibe noch viel zu tun, um die Verpflichtungen des Pariser Weltklimavertrags umzusetzen. »Jetzt kommt die Probe aufs Exempel«, berichtete die Nachrichtenagentur DPA über die Kanzlerinnenworte, die ihre stumpfen Pfeile zwar in Richtung Washington abgeschossen hatte, ohne aber auf den »Trump im Raum« zu zielen und den blonden Elefanten beim Namen zu nennen.

Nicht nur in der Ansprache bleibt Merkel eine lahme Klimaente. Während Trump das umsetzt, was er Schlechtes ankündigt, ist Merkel wortbrüchig beim Guten was sie verspricht. Wie die Entwicklungsorganisation Oxfam errechnete, ist das ganze Kanzlerinnen-Gelübde nichts als Fake. In den Erläuterungen zum Bundeshaushalt 2017 habe die Bundesregierung preisgegeben, dass für das Zielniveau von rund 4 Milliarden Euro in 2020 nicht nur längst eingepreiste Gelder für die staatlichen Entwicklungsinstitutionen KfW, GiZ, Kirchen und NGOs, KfW-Kredite für Entwicklungsländer und Gelder für bereits bestehende Klimafonds angerechnet werden. Sondern auch normale Entwicklungshilfegelder, die irgendeinen Bezug zu Klimaschutz haben. Kurzum die Merkel-Regierung mit Buchhaltertricks Haushaltstitel hin und herschiebt, aber eigentlich kein neues Geld in den globalen Süden fließt.

Dass Merkel über dieses gebrochene Versprechen nicht redet ist klar. Dass sie mit dem Finger auf die USA zeigt ist zwar berechtigt. Lenkt aber im Wahlkampf hierzulande davon ab, dass Deutschland seine Klimaziele bis 2020 nicht erreichen wird, dafür wäre eine Vervierfachung der Anstrengungen vonnöten. Auch vom Kohleausstieg ist kein Wort zu hören. Nichts vom verpassten Ziel, bis 2020 eine Million E-Autos auf die Straßen zu bringen. Kein Wort auch über die siechende Gebäudewende, bei der nicht einmal der Bund seine Vorbildwirkung schafft und seine Liegenschaften weiter ohne einen Masterplan unsaniert bleiben. Geschweige denn über die soziale Abfederung des Strukturwandels. Kurzum: Merkel verkohlt die Nation weiter.

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