Die nur scheinbar isolierte AfD
Eine Mehrheit der Bevölkerung sieht die Rechtsaußenpartei nicht als normale demokratische Kraft an
Wohin steuert die AfD? Dass sich die Partei inzwischen zu einer völkischen-nationalistischen Kraft gehäutet hat, ist inzwischen auch bei den Meinungsforschern von Allensbach angekommen. Im Auftrag der FAZ haben die Demoskopen abgefragt, wo die Bevölkerung die AfD politisch verorten würde. Das Ergebnis überrascht wenig, beweisen die Befragten doch ein feines Gespür dafür, dass von der einstigen Bernd-Lucke-AfD allein die Euro- wie Europafeindlichkeit geblieben ist, auch wenn die Ablehnung der Gemeinschaftswährung und der EU im Wahlkampf der Partei nur noch eine zweitrangige Rolle spielt.
Laut Erhebung sagen inzwischen fast drei Viertel der Befragten (74 Prozent), dass die AfD keine »normale demokratische Partei« sei. Zwar kam bei der schon seit 2013 durchgeführten Untersuchung stets eine Mehrheit zu dieser Schlussfolgerung, doch ihr Anteil wächst immer weiter. Noch vor zwei Jahren waren es »nur« 62 Prozent, die in der AfD keine normale politische Kraft sehen.
Was dies übersetzt für die Verortung im politischen Spektrum bedeutet, zeigt eine weitere Zahl sehr deutlich: Die Befragten sollten die AfD auf einer Skala von 1 bis 100 einordnen, wobei die Partei mit steigenden Wert immer weiter nach rechts rückt. Viel Platz bleibt dabei kaum noch. Im Durchschnitt verorteten die Befragten die AfD bei einem Wert von 82, vor zwei Jahren lag die Rechtsaußenpartei noch neun Punkte weiter links. Wirklich verwunderlich ist diese Entwicklung nicht: 2015 war die Partei unter Lucke zwar auch alles andere als eine asylfreundliche Partei. Doch mit seinem Abgang verschärfte sich die Tonlage, nahm die Zahl gezielter verbaler Provokationen gegen Geflüchtete und Muslime deutlich zu.
Nun ließe sich vermuten, dass die AfD-Führung in solch einer sich verändernden Gemengelage nervös werden müsste. Immerhin zeigen die Zahlen, dass die mühsam immer wieder beschworene Fassade einer konservativ-bürgerlichen Kraft bei einer deutlichen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr verfängt. Doch genau dies soll die Partei nach Meinung ihrer Anhängerschaft ohnehin nicht sein: 60 Prozent sprechen sich für eine rechtsnationale AfD mit dem Ziel aus, Deutschland gegen »zu viele ausländische Einflüsse« zu verteidigen. Nur knapp 28 Prozent wollen hingegen, dass die AfD eine konservative Alternative zu den etablierten Parteien ist. Rechts der Union bliebe also in beiden Fällen die vorgegebene Marschroute.
Panik muss in der Parteiführung ohnehin eher nicht ausbrechen. Zwar wächst die Mehrheit jener, die die AfD als völkisch-nationale Partei strikt ablehnen, doch auf ihr theoretisches Wählerpotenzial hat diese Entwicklung de facto wenig Auswirkung: So erklären weiterhin 15 Prozent der Befragten, sich vorstellen zu können, der AfD bei Wahlen ihre Stimme zu geben. Zwar ist die Partei damit vier Prozent unter ihrem Spitzenwert von 2013, doch längst nicht auf ihrem Tiefpunkt im Jahr 2015 angekommen, als sich dies nur 12 Prozent vorstellen konnten.
Zur Erinnerung: In den Umfragen zur Bundestagswahl messen die Demoskopen derzeit Zustimmungswerte für die Rechtsaußenpartei von sieben bis neun Prozent, womit die AfD ihr momentanes theoretisches Wählerpotenzial noch längst nicht ausschöpft. Übrigens würden es sogar laut Allensbach 21 Prozent aller Befragten begrüßen, wenn die völkisch Nationalen in den nächsten Bundestag einziehen.
Letztlich spiegeln die Zahlen auch die Strategie der Partei wieder: Dieser geht es zumindest derzeit eben nicht darum, von einer gesellschaftliche Mehrheit gemocht und akzeptiert zu werden, um dadurch auch Koalitionsfähigkeit zu signalisieren. Genau diesen Kurs wollte Frauke Petry mit ihrem »Zukunftsantrag« festschreiben und scheiterte bekanntermaßen grandios auf dem Kölner Bundesparteitag im April. Die Partei gefällt sich in der Rolle des rechten Underdogs, der schleichend politische Diskurse in ihre Richtung verschiebt. Eine hinter ihr stehende Mehrheit braucht sie dafür nicht.
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