Dutzende Asylunterkünfte unter Verdacht der Illegalität

Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) fordert Neuaufteilung der Bezirkszuständigkeiten für Flüchtlinge

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Bezirk Mitte sind noch immer Flüchtlinge in Unterkünften untergebracht, denen die notwendigen Voraussetzungen für den Hostelbetrieb fehlen. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) hat bei mindestens 15 Unterkünften Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Tatsächlich könnten es noch mehr sein. Von Dassel bezieht sich damit auf eine Liste aller von den Bezirken genutzten Flüchtlingsunterkünfte, die die Senatsverwaltung für Integration angefertigt hat. Nicht Mitte habe die Flüchtlinge dort untergebracht, sondern andere Bezirke. Das geht, weil anerkannte Flüchtlinge in Berlin in die Zuständigkeit der zwölf Bezirke fallen - und zwar je nach ihrem Geburtsmonat: Mitte beispielsweise ist für den Monat Januar zuständig. Wohnen müssen die Flüchtlinge nicht in dem für sie zuständigen Bezirk - sie erhalten aber ihre Leistungen vom jeweiligen Jobcenter und können sich vom zuständigen Bezirksamt ihre Wohnung genehmigen lassen.

Auch Mitte bringt Flüchtlinge in anderen Bezirken unter. Grundsätzlich sei das kein Problem, meint von Dassel. Sein Bezirksamt habe etwa ein Dutzend Unterkünfte überprüft: Es liege keine Zweckentfremdung vor, bau- und gewerberechtlich sei alles in Ordnung. Das jedoch sei bei den vielen Unterkünften in Mitte wohl nicht der Fall. »Da wird nicht richtig kontrolliert«, sagte von Dassel. Schließlich sei auch unklar, ob das Ordnungs- oder Gewerbeamt beispielsweise aus Treptow-Köpenick in Mitte tätig werden könne. Von Dassel fordert daher, dass künftig jeweils der Bezirk für die Flüchtlinge zuständig sein soll, in dem sie leben.

Jochen Biedermann (Grüne), Stadtrat für Soziales in Neukölln, stimmt von Dassel grundsätzlich zu. Die jetzige Regelung führe dazu, dass Kontrollen nicht wirksam durchgeführt werden könnten. »Ich bin aber skeptisch, ob sich das Problem allein durch eine Neuaufteilung nach Wohnort lösen lässt«, sagte Biedermann am Freitag. Ein Problem sei: »Der Datenabgleich funktioniert nicht so gut.« Grund sei unter anderem die große Zahl der zuständigen Stellen: die zwölf Bezirke plus das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten. Dies bleibe mit von Dassels Vorschlag bestehen. Eine Neuregelung würde Biedermann trotzdem begrüßen. Aber wie diese aussehen könnte, das sei eine schwierige »Denksportaufgabe«.

Bis dahin setzt der Neuköllner Stadtrat weiter auf die von ihm gegründete bezirksinterne Sonderkommission Abrechnungsbetrug. Das sei keine neue Behörde, so Biedermann. Vielmehr soll der Austausch zwischen den verschiedenen Stellen, die für Menschen in Notunterkünften zuständig sind, verbessert werden. Erste Schritte seien bereits getan, beispielsweise hätten sich Arbeitsroutinen verändert. Eingerichtet hatte Biedermann die Sonderkommission, nachdem das Bezirksamt auf einen Betrieb aufmerksam wurde, in dem statt wie genehmigt zwölf Menschen etwa 60 lebten. Andere Betriebe hätten sich Genehmigungen für Wohnraum geholt, der den Bestimmungen von Brandschutz und Zweckentfremdungsverbot gerecht wurde. Tatsächlich brächten sie die Menschen dann in anderen Objekten unter.

Ähnliches berichtet von Dassel. In Mitte würden Flüchtlinge etwa in zweckentfremdeten Büroräumen und Ferienwohnungen untergebracht. Der Bezirksbürgermeister vermutet dahinter betrügerische »Großbetreiber«. Gegen einige ermittele nun die Kripo. Von Dassel fordert, berlinweit eine Weiße Liste mit »guten« Beherbergungsbetrieben zu führen.

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