Nicht mein Sofa!

  • Jürgen Amendt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Dramaturgie dieses Schauspiels, von dem hier die Rede sein soll, ist reichlich kompliziert und soll nur in aller Kürze wiedergegeben werden. Das Bezirksamt Lichtenberg spielt eine Rolle, Mitarbeiter des Ordnungsamtes treten auf, des Weiteren eine Apothekerin, freundliche Nachbarn, die Berliner Stadtreinigung, die Besitzerin eines Kiezladens - und schließlich der Hauptdarsteller: das Sofa.

Jenes Sofa stand vor gut zwei Jahren in der Kaskelstraße in der schönen, idyllisch zwischen drei Bahnstrecken gelegenen Victoriastadt. An warmen Sommerabenden diente es fast ein Jahr lang den Menschen jeglicher Herkunft und jeden Gemütszustandes als Ruheort. Eines Tages war es weg - um schließlich kurze Zeit später in anderer Form wieder aufzutauchen. Doch auch dieses Gastspiel währte nur wenige Tage, dann verschwand das Sofa wieder. Doch der Reihe nach.

Erster Akt: Eine Ladenbesitzerin stellt zusammen mit ihrem Mitarbeiter vor ihrem Geschäft ein Sofa auf, um dort einen kleinen Outdoor-Besuchervervice zu unterhalten. Nach wenigen Tagen erhält sie Besuch. Auftritt: Mitarbeiter des Ordnungsamtes. »Das Sofa muss weg, denn sie haben keine Genehmigung dafür. Sollten Sie sich widersetzen, müssen Sie eine Geldbuße bezahlen.« Ladenbesitzerin (zerknirscht): »Gut, dann lass ich das Sofa entfernen.«

Zweiter Akt: Ladenbesitzerin stellt einen Antrag auf Sondernutzung des Gehsteigs. Vorsorglich und um mögliche Strafgelder zu vermeiden, beauftragt sie die Berliner Stadtreinigung (BSR) mit der Entsorgung des Sofas. Ladenbesitzerin geht ab. Auftritt BSR. Aufgebrachte Nachbarn erscheinen. »Das ist unser Sofa.« Gerangel, Streit. Am Ende zieht die BSR ohne Sofa von dannen. Ladenbesitzerin kehrt zurück: »Oh Gott, das Sofa ist noch da!« Auftritt Nachbarn (freudestrahlend): »Haben wir für Dich vor der BSR gerettet«.

Dritter Akt: Ladenbesitzerin ordert erneut die Entsorgung des Sofas bei der BSR. Dieses Mal mit Erfolg. Ladenbesitzerin fährt in Urlaub. Nach der Rückkehr stellt sie fest, dass jetzt ein anderes Sofa vor der Tür steht. Auftritt Mitarbeiter des Ladens (freudestrahlend): »Stand eines Tages vor der Tür, dachte, Du hast es bestellt.« Ladenbesitzerin (wütend): »Da hat jemand Sperrmüll vor der Tür abgestellt!« Sofa wird erneut von der BSR entsorgt.

Vierter Akt: Auftritt Apothekerin: »Ich mache meine Apotheke zu und habe noch ein Sofa im Büro stehen. Du hast ja jetzt keines mehr, da dachte ich, ich könnte Dir meines überlassen.« Ladenbesitzerin (schweigt) und rollt genervt mit den Augen.

Fünfter Akt: Der Antrag auf Sondernutzung des Gehsteigs ist seit zwei Jahren beim Bezirksamt in Bearbeitung. Mittlerweile stehen Stühle vor dem Ladenlokal. Eine Lokalpolitikerin erfährt von dem Fall und verspricht, sich für die Beschleunigung der Antragsbearbeitung beim Bezirksamt einzusetzen. Aus einem Container taucht daraufhin das alte Sofa auf und stellt sich von selbst wieder vor den Laden.

Abgang Sofa, Vorhang. Schlussapplaus.

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