Tendenz: fallend

1860 München kämpft mal wieder ums Überleben, der Investor droht mit Radikalumbau

  • Maik Rosner, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als 60 000 Zuschauer werden an diesem Dienstag in der Münchner Arena erwartet. Was sie beim entscheidenden Relegationsspiel des Zweitligisten TSV 1860 gegen den Drittligisten Jahn Regensburg erleben werden, ist ebenso ungewiss wie die Zukunft der Löwen, nicht nur bei einem Abstieg. Mit dem 1:1 aus dem Hinspiel vom Freitag haben sich die Münchner zwar eine sportlich günstige Ausgangslage verschafft. Doch die gezeigte Leistung nährt Befürchtungen der Anhänger, nun die nächste Stufe im Niedergang ihres Vereins mitzuerleben. Präsident Peter Cassalette bezeichnete den drohenden Abstieg bereits als »Ober-Gau«.

Von einer »Katastrophe« sprach indes Trainer Vítor Pereira wegen der Darbietung seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit in Regensburg. Ehemalige Löwen wie Ex-Trainer Karsten Wettberg (»unterirdisch«) und Torwart Michael Hofmann (»unter aller Kanone«) fällten ein ähnlich scharfes Urteil. Nebenbei spricht auch die Geschichte der Relegation gegen München. In sechs von acht Fällen setzte sich der Drittligist am Ende durch. Eine der beiden Ausnahmen schaffte zwar der TSV 1860, der vor zwei Jahren im Rückspiel gegen Holstein Kiel in letzter Minute den Abstieg abwenden konnte. Doch die jüngsten Auftritte geben sehr zu denken. Noch dazu geht es bei diesem Saisonfinale um nicht weniger als die Existenz des Vereins in seiner jetzigen Form.

Spekuliert wurde bereits über einen Ausstieg des 2011 angetretenen Investors Hasan Ismaik. Der Jordanier erneuerte nach fast zwei Wochen Schweigen allerdings am Montag via Facebook sein Versprechen - oder je nach Sichtweise - seine Drohung: »Es ist völlig an den Haaren herbeigezogen, dass ich im Abstiegsfall den TSV 1860 verlassen werde« hieß es in dem Beitrag, »ich werde 1860 nicht im Stich lassen.« Zugleich kündigte er »grundlegende Änderungen auf allen Ebenen« an und gab sich selbstkritisch: »Alles, was ich in den vergangenen Jahren unternommen habe, um den Verein voranzutreiben, ist gescheitert. Das bestätigt mich, dass diese Änderungen die einzige Lösung sind.« Welche Änderungen ihm vorschweben, ließ Ismaik offen.

Als weiterer Ballast kommt hinzu, dass der Verein bei der Deutschen Fußball Liga bis zu diesem Mittwoch für die Zweitligalizenz 2017/18 den Nachweis über 20 Millionen Euro erbringen muss. Ohne Ismaik fehlen dazu die Mittel. Allerdings hatte er auch in den Vorjahren bis zuletzt mit seinen Zusagen gewartet und damit seinen Machthebel voll ausgespielt.

Als wahrscheinlich gilt, dass der Personalverschleiß in jedem Fall weitergeht. Elf Trainer, sieben Geschäftsführer und fünf Präsidenten mussten unter Ismaik in sechs Jahren schon gehen. Der amtierende Chefcoach, der im Januar mit dem Versprechen angetretene Portugiese Pereira, er bringe die Löwen nach oben, könnte der nächste sein. Ismaik will den in Ungnade gefallenen Verwaltungsratschef Markus Drees zudem offensichtlich zum Rücktritt bewegen. Diesen attackierte er nun namentlich, weil dieser auf Facebook Kommentare »unter der Gürtellinie« zugelassen habe. Der jüngst vom FC Liverpool gekommene Geschäftsführer Ian Ayre soll dagegen auch in der dritten Liga bleiben, obwohl er einen Abstieg schon als »Desaster epischen Ausmaßes« bezeichnet hatte.

Sicher ist, dass der aufgeblähten Mannschaft ein Umbruch bevorsteht. Das gilt im Fall des Abstiegs umso mehr, zumal nur eine Minderheit im Kader einen Vertrag für die 3. Liga haben soll. Geklärt werden müsste auch die schon lange schwelende Stadionfrage, wenngleich der Arenavertrag abgespeckt auch für die dritte Liga gültig wäre. Die U21-Mannschaft müsste von der Regionalliga in die fünftklassige Bayernliga zwangsabsteigen. Zusammen mit den gerade abgestiegenen U19 und U17 würden also die vier wichtigsten Mannschaften des Vereins abrutschen.

Für die kommende Zweitligasaison hatte Ismaik angekündigt, 50 Millionen Euro in die Aufstiegsmission zu investieren. Doch nun beschäftigen die Löwen wieder einmal ganz andere, existenzielle Fragen.

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