Vaterschaften als Geschäft

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Mehr als 700 Männer sollen in der Hauptstadt gegen Geld die Vaterschaft von Kindern von Migrantinnen anerkannt haben. Die schwangeren Frauen oder Mütter erhalten so ein Bleiberecht in Deutschland. Die neugeborenen Kinder erhalten automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Martin Steltner sagte dem Sender rbb, die Justiz habe bereits seit längerem einen entsprechenden Verdacht gehegt. Es gehe um eine »Vielzahl von Fällen, die wir monatlich feststellen«, teilweise seien Personen bekannt, »die über zehn Vaterschaften anerkannt haben«.

Nach Informationen des rbb müssen die Frauen, vor allem aus Osteuropa, Afrika und Vietnam, bis zu 5000 Euro an die Scheinväter, Anwälte und Notare zahlen. Viele der Scheinväter würden auch keinen Unterhalt bezahlen, weil sie oft arbeitslos seien und selbst von staatlicher Unterstützung lebten.

Das Bundesinnenministerium schätzt die Zahl bundesweit auf etwa 5000 Fälle pro Jahr. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium Ole Schröder (CDU) sagte dem rbb, dass die Dunkelziffer erheblich höher liege. Es gebe viele Hinweise von den Ausländerbehörden, die bisher folgenlos geblieben seien. Denn rechtlich können die Behörden nicht einschreiten, weil diese Anerkennungen der Vaterschaft juristisch keine Straftaten seien. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2013 entschieden, dass selbst in einem Verdachtsfall eine Vaterschaft nicht angefochten werden dürfe. Das Risiko sei zu groß, dass die Kinder dadurch staatenlos würden. Allerdings bereiten Bundesrat und Bundestag derzeit ein Gesetz vor, um gegen derartige Geschäftsmodelle vorgehen zu können. Einige der Frauen seien in Abhängigkeit von den Scheinvätern und Hintermännern in die Prostitution gezwungen worden.

Der Berliner Linkspartei-Abgeordnete Hakan Taş macht die geltende Gesetzeslage dafür verantwortlich, dass Menschen in die Kriminalität gedrängt werden. »Statt Menschen in die Illegalität zu treiben, müssen sichere Bleibeperspektiven geschaffen werden.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.