Liberaler Hardliner

Personalie

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 2 Min.

Ein junger, offen schwuler Einwanderersohn wird neuer Premierminister Irlands - das klingt nach gesellschaftlichem Wandel auf der grünen Insel. Zugleich lässt Leo Varadkar keinen Zweifel daran, dass er ein Hardliner in Sachen Sparpolitik ist und die Agenda seines Vorgänger Enda Kenny fortführen wird. Dieser musste nach Verwicklungen in einen Polizeiskandal seinen Posten räumen. Bei der Urwahl innerhalb der konservativ-liberalen Regierungspartei Fine Gael setzte sich der 38-jährige bisherige Sozialminister Varadkar durch und übernimmt neben dem Amt des Premierministers auch den Parteivorsitz.

Varadkar wurde 1979 in Dublin als Kind einer irischen Krankenschwester und eines indischen Arztes geboren. Noch während seines Medizinstudiums am Trinity College begann er, sich in der Jugendorganisation von Fine Gael zu engagieren. Mit 28 Jahren zog Varadkar in die Dail - das irische Unterhaus - ein. Seit 2011 war er Minister, zunächst für Verkehr, später für Gesundheit und Soziales.

Als Kabinettsmitglied hat Leo Varadkar das rigide Sparprogramm auf der Insel mitgetragen. Irland war von der Banken- und Immobilienkrise 2008 schwer getroffen, heute gilt es als Musterknabe der Krisenbewältigung. Die Wirtschaft wächst wieder, bei vielen Iren kommt davon aber nichts an. Daran wird sich unter dem neuen Premier wohl wenig ändern. Die Opposition um Sinn Fein warnt, Varadkar stehe für weitere Härten für die »normalen Leute«.

Im katholisch geprägten Irland, wo Homosexualität erst seit 1993 legal ist, verkörpert Varadkar aber auch einen liberalen Stimmungswandel in der Gesellschaft. Im Vorfeld des Referendums über die Ehe für alle 2015 hatte er sich als erster Minister überhaupt öffentlich geoutet.

Die größte Herausforderung für den neuen Regierungschef wird indes der bevorstehende EU-Austritt des wichtigen Handelspartners Großbritannien sein. Varadkar hat bereits angekündigt, das Thema Brexit zur Chefsache machen zu wollen.

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