Ministerium in Kiel fühlt sich gemobbt

Berichterstattung über Polizeiaffäre kritisiert

  • Dieter Hanisch
  • Lesedauer: 3 Min.

Es geht um den Vorwurf der Aktenmanipulation, doch das Kieler Innenministerium gibt seiner Polizeispitze volle Rückendeckung im Zusammenhang mit Zweifeln an der Ermittlungsführung gegen Rocker im Jahr 2010. Wichtige Fragen bleiben aber auch nach einer Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses in Schleswig-Holsteins Landtag am Mittwoch offen.

Der ehemalige Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer ist skeptisch, ob der Parlamentsausschuss tatsächlich die Bereitschaft und vor allem Beharrlichkeit zeigen wird, die Polizeiaffäre aufzuklären. Im Raum stehen schwerwiegende Vorwürfe, dass nicht alle vorhandenen Ermittlungsinformationen Eingang in die Akten der Strafverfolgung gefunden haben. Darüber gab es offenkundig Streit innerhalb der »Soko Rocker« beim Landeskriminalamt, die inzwischen aufgelöst wurde. Zwei Ermittlungsbeamte, die protestiert hatten, wurden versetzt, ihre Hinweise auf unterschlagene Aussagen und fehlende Aktenvermerke wurden von ihren Vorgesetzten abgeschmettert. Einer dieser Vorgesetzten war Ralf Höhs, er ist inzwischen Landespolizeidirektor.

Der Abteilungsleiter für die Polizei im Innenministerium, Jörg Muhlack, spricht von einer »Kampagne gegen Höhs«, die er als »zutiefst ungerecht« empfinde. Konkret geht es um das polizeiliche Vorgehen bei der Strafverfolgung einer Messerstecherei Anfang 2010 in einem Schnellrestaurant in Neumünster, als Bandidos einige verfeindete Red Devils aus dem Unterstützerkreis der Hells Angels attackierten. Die Polizei hatte wohl einen Verbindungsmann beim Rocker-Chapter der Bandidos Neumünster. Es wird spekuliert, dass es sogar deren damaliger Anführer war. Der V-Mann machte offenbar entlastende Aussagen in Bezug auf Tatbeteiligte. Die zwei später versetzen Kripo-Ermittler wollten diese zu den Akten nehmen, was ihnen aber durch die Polizeispitze untersagt wurde. Angeblich geschah dies, um den Informanten zu schützen.

Doch womöglich sollte der Hinweisgeber aus ganz anderen Gründen nicht enttarnt werden: Das Innenministerium bastelte zur Hochphase des Rockerkrieges zwischen Hells Angels und Bandidos an einer Verbotsverfügung gegen einzelne Gruppierungen, darunter die Bandidos Neumünster. Das Verbot erfolgte dann im April 2010 tatsächlich. Es gab wohl seitens des Ministeriums starke Bedenken, dass solch ein Verbot verwaltungsrechtlich anfechtbar wäre, wenn die Polizei Verbindungen zu einer Person aus der unmittelbaren Führungsetage der Bandidos unterhalten würde - Erinnerungen ans gescheiterte NPD-Verbotsverfahren von 2003 werden wach.

Dazu gibt es aus dem Innenministerium jedoch keine Aussagen. Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler (SPD) äußerte im Innenausschuss vielmehr ihren Unmut über die Berichterstattung zu dem Vorgang und drehte den Spieß um: Sie forderte die Medienvertreter auf, endlich »Ross und Reiter« zu nennen. Vorwürfe der beiden seinerzeit abgezogenen Ermittler, sie seien gemobbt worden, wies sie zurück. Verwaltungs- und dienstrechtlich sei der Vorgang durch mehrere Instanzen abgeschlossen. Zum Vorwurf einer Aktenmanipulation sehe sie ebenso keine neuen Anhaltspunkte.

Dieser Auffassung schloss sich in der Ausschusssitzung auch Generalstaatsanwalt Wolfgang Zepter an. Er hat die Staatsanwaltschaft Lübeck beauftragt, Vorprüfungen vorzunehmen, ob es zu einem förmlichen Ermittlungsverfahren kommt. Kai Dolgner, SPD-Abgeordneter und Innenexperte, hat für den Innenausschuss Akteneinsicht verlangt.

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