Im Krieg knicken nicht nur Äste

Storkow feiert die Bundeswehr, doch die LINKE und aufrechte Bürger halten dagegen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Dieser Wiesel, normal ein gepanzertes Kettenfahrzeug, ist zwar nur eine aufblasbare Attrappe, dazu gedacht, die Feindaufklärung des Gegners zu irritieren. Doch daneben steht das Original, das aus seiner kleinen Kanone im Ernstfall tödliche Feuerstöße abgeben kann. Ein Stück weiter ist ein Dingo ausgestellt, ein gepanzertes Auto. Das Maschinengewehr auf dem Dach ist mit einer Plane abgedeckt. Warum? Von anderen Waffenschauen wisse die Bundeswehr, dass sich Besucher bedroht fühlen, zumal wenn die Mündung auf sie gerichtet sei, erklärt ein Soldat.

An diesem Sonnabend ist an 16 Standorten in Deutschland »Tag der Bundeswehr«. In Storkow ist der Tag mit dem Stadtfest gekoppelt. »Wir rechnen daher mit bis zu 25 000 Besuchern«, sagt Oberstleutnant Uwe Nowitzki. Allerdings herrscht bis zum Mittag am Markt und in den angrenzenden Straßen keineswegs Gedränge. Die vor den Toren der Stadt auf einer Wiese vorbereiteten Parkplätze bleiben zunächst weitgehend leer. Dennoch sollen es laut Mitteilung am Ende 17 000 Besucher gewesen sein.

Feldjäger führen unterdessen vor, wie ihre Diensthunde auf Kommando gehorchen. Jugendliche werden über eine Karriere bei der Bundeswehr informiert. Zu Beginn schwebt ein Transporthubschrauber CH53 ein. Durch den Luftzug der Rotorblätter knicken ein paar Äste ab. Im Dingo dürfen Kinder herumklettern. Soldaten fahren Familien in Schlauchbooten herum.

Doch Krieg ist kein Urlaubsvergnügen und kein Abenteuerspiel. Kriege verursachen ungleich größere Schäden als ein paar abgeknickte Äste. Im Krieg sterben Menschen. Daran erinnert unweigerlich der Stand des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Diese 1919 gegründete Organisation hatte sich 1933 voll in den Dienst der Faschisten gestellt und Heldenverehrung betrieben. Heutzutage betrachtet der Volksbund insbesondere seine Jugendarbeit unter dem Motto »Versöhnung über Gräbern« als Tätigkeit für den Frieden. Doch das müssen die Menschen, die vorbeischlendern, bereits wissen. Sofort ins Auge fällt das nicht, und gegen Mittag ist niemand zu sehen, der an Landesgeschäftsführer Oliver Breithaupt herantritt, um eine Frage zu stellen. Derweil wartet die LINKE nicht auf Fragen. Sie hat zu einem Friedensspaziergang über das Gelände eingeladen und demonstriert ihre Meinung mit Friedenslosungen, die auf Sonnenschirme gemalt sind. Zwei Polizisten sorgen sich deswegen und sprechen die Genossen vor dem Eine-Welt-Laden am Markt an. Doch die Beamten geben sich zufrieden, als sie erfahren, die Bürgermeisterin sei informiert und die Bundeswehr habe nichts dagegen. Dann ziehen die Genossen los. Einer nimmt von Regisseur Thomas Jacob einen dicken Stapel mit Flugblättern, um sie unterwegs zu verteilen. Dies tut er, obwohl die Partei dem Regisseur eigentlich nicht helfen wollte.

Jacob stört sich daran, dass die Bundeswehrkaserne in Storkow Kurmark-Kaserne heißt (»nd« berichtete). Er erinnert an die faschistische Panzergrenadierdivision »Kurmark« und den gleichnamigen SS-Truppenübungsplatz und sieht hier einen weiteren Fall von verfehlter Traditionspflege bei der Bundeswehr, auch wenn die Lage nicht so auf der Hand liegt wie bei anderen Kasernen, die nach Wehrmachtsgenerälen benannt sind. Angesichts von Jacobs Argumenten klingt es komisch, wenn Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) behauptet, dass die Soldaten in Storkow das vielzitierte Leitbild vom Staatsbürger in Uniform »wirklich mit Leben« erfüllen. Das Flugblatt fordert unmissverständlich: »Entfernt diesen Namen vom Kasernentor in Storkow!« Nach eigener Aussage hatte Jacob die LINKE fast so weit, seine Initiative zu unterstützen. Doch dann habe es geheißen, auf den Namen Kurmark-Kaserne sei in den 1990er Jahren wohl ein ehemaliger Politoffizier der NVA gekommen und der Name Kurmark beziehe sich vielleicht doch nur arglos auf die historische Landschaft. Dies müsse erst einmal geklärt werden.

Das wollte Jacob aber nicht abwarten. Er trommelte ein paar Leuten von Film und Fernsehen zusammen und schmiedete ein Bündnis »Aufrechte Bürger«. Unter das Flugblatt setzte er die Namen bekannter Schauspieler wie Andreas Schmidt-Schaller und Annekathrin Bürger. Doch das war kurzfristig organisiert und die Künstler hatten schon andere Termine. Immerhin: Schauspieler Wolfgang Winkler reiste aus Berlin an, so dass sich um 11 Uhr wenigstens ein Prominenter vor Ort an der Flugblattaktion beteiligen konnte.

Eine nd-Nachfrage zur Traditionspflege in Storkow am 9. Mai wurde vom dort stationierten Führungsunterstützungsbataillon 381 an das Landeskommando weitergeleitet - und das hat bisher nicht reagiert.

Der Genosse, die die Flugblätter mitnimmt und verteilt, hat sich den Text genau durchgelesen und findet ihn »in Ordnung«. Es könne zwar gut sein, dass bei der Benennung der Kaserne nicht an die Panzergrenadierdivision und an die SS gedacht wurde, glaubt er. Doch gebe es diese Dinge nun einmal und deswegen sei der Name tatsächlich unangebracht.

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