Terroristen sollen im »Supermax« einsitzen

Australien: Zentrale Unterbringung gefährlicher Gefangener soll die Radikalisierung anderer verhindern

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 3 Min.

Terroristen sollen künftig ihr eigenes Hochsicherheitsgefängnis in Australien bekommen. Damit will das Land die Ausbreitung radikaler Ideologien verhindern. Das Sondergefängnis wird Teil des bereits bestehenden Hochsicherheitsgefängnisses »Supermax« in Goulburn sein, einem Ort im Bundesstaat New South Wales (NSW), rund zwei Autostunden von Sydney entfernt.

In dem neuen Gefängnis sollen bis zu 54 Gefangene untergebracht werden, sagte die Ministerpräsidentin von NSW, Gladys Berejiklian, die in den kommenden drei Jahren 47 Millionen australische Dollar (32 Millionen Euro) für das Gefängnis veranschlagt hat. »Wir wollen Menschen, die bereits hinter Gittern sind, nicht der Radikalisierung aussetzen«, sagte die Politikerin. Sollten Häftlinge versuchen, andere zu manipulieren, würden diese Strafgefangenen aussortiert werden.

Das neue Gefängnis, das »Supermax II« heißen und 2018 fertiggestellt sein soll, wird mit neuester Technologie ausgestattet sein, sodass auch Besuche von Familien und Freunden überwacht werden können, um potenziell neuen Terrorplänen auf die Spur zu kommen.

Die Ankündigung folgte auf einen Terroranschlag in Melbourne in der vergangenen Woche. Dort hatte ein somalisch-stämmiger Australier eine Frau in einem Apartmenthotel als Geisel genommen und einen Angestellten des Hotels erschossen. Der Geiselnehmer wurde im Anschluss von der Polizei erschossen. Die Frau konnte unverletzt befreit werden.

Ein Sprachrohr des Islamischen Staates (IS) reklamierte das Verbrechen für die Terrororganisation. Zudem soll der Geiselnehmer während der Tat bei einem australischen Fernsehsender angerufen und dort behauptet haben, im Auftrag von IS und Al Qaida zu handeln.

Der Leiter der Justizvollzugsanstalten des australischen Bundesstaates sagte, dass das Gefängnis notwendig sei, da sich die Zahl der Gefangenen, die wegen terroristischer Aktivitäten einsitzen, seit 2013 »signifikant« erhöht hätte. Inzwischen sind rund 30 Gefangene wegen Terrordelikten inhaftiert, mehr als doppelt so viele wie noch 2013. »Indem wir die Täter zentralisieren, die am meisten Schaden anrichten können, halten wir den Rest des Systems sicher«, sagte Peter Severin. Immerhin seien in den vergangenen Jahren vier bis fünf Häftlinge in seinem Bundesstaat im Gefängnis radikalisiert worden. »Das ist zwar eine kleine Anzahl, aber wir müssen sicherstellen, dass das auch so bleibt«, sagte er.

Während der Plan des Bundesstaates weitgehende Zustimmung auf föderaler Ebene fand, kritisierte ihn ein Kriminologe und Experte für Radikalisierung. »Ich finde es besser, wenn sie mit anderen Straftätern gemischt sind, das gibt ihnen eine größere Chance sich zu verändern als in einem Terrorring«, sagte Clarke Jones von der Australian National University in Canberra dem staatlichen Sender ABC. Seiner Meinung nach könnte das Sondergefängnis erst recht zur Brutstätte des Terrors werden.

Ein ähnlicher Plan wie jetzt in Australien war nach dem Selbstmord eines syrischen Terrorverdächtigen in seiner Zelle 2016 auch in Deutschland diskutiert worden. Bundesjustizminister Heiko Maas lehnte den Vorschlag damals jedoch rigoros ab.

In Australien kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu terroristisch motivierten Verbrechen. Der australische Geheimdienst Asio bezeichnet die Bedrohung des Landes durch eine Terrorattacke derzeit als »wahrscheinlich«. Mit Erhöhung der Terrorwarnstufe im September 2014 wurden die Sicherheitsvorkehrungen intensiviert. Laut Polizei wurden seit 2014 zwölf geplante Angriffe vereitelt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.