Die Herzinsel hat wieder ein Geheimnis

Einstiges MfS-Refugium im Nordosten versteigert - was planen die neuen Besitzer?

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Jette Joop steigt früh aus bei der Versteigerung. Mehr als 700 000 Euro will die Modedesignerin nicht ausgeben für die herzförmige, 40 000 Quadratmeter große Insel im Brückentiner See. Während rund 20 Mitinteressenten im Amtsgericht Waren wohl überlegen, was die prominente Hamburgerin mit dem Objekt machen wollte, klettern die Gebote flott weiter, bis dass der dritte Hammerschlag verkündet: Für 1,7 Millionen Euro hat die »Penney Business Limited-Gruppe« aus Panama, im Gericht durch einen Anwalt vertreten, die Herzinsel gekauft. So geschehen am Montag.

Etwa 90 Kilometer nördlich von Berlin ist das Eiland zu finden. Seit Jahren wird es vor allem gern von Hochzeitspaaren angesteuert. Auf der »herzigen« Insel können sie sich standesamtlich trauen lassen und dann mit ihren Gästen eine Zeit im Inselhotel erleben. Das Vier-Sterne-Haus dürfte angesichts des Besitzerwechsels vorerst kein Ungemach befürchten, ist sein Pachtvertrag doch bis 2021 unkündbar.

Was aber haben die neuen Eigentümer nun mit der Insel vor? Der Anwalt des Unternehmens sagte auf eine entsprechende Frage lediglich: »Kein Kommentar.« Kein Geheimnis dagegen ist der Hintergrund der Auktion in Waren. Das Amtsgericht hatte zur Zwangsversteigerung geladen. Nötig geworden war sie, nachdem einer der bisherigen Grundstücksbesitzer, zwei Männer aus Berlin, in finanzielle Schwierigkeiten geraten war. Er haftete auch mit seinem Privatvermögen für drückende Verpflichtungen, also auch mit der Insel. Die beiden Partner hatten sie im Jahr 1992 von der Treuhand gekauft

Die Treuhand wiederum hatte das Objekt damals als ein Gelände offeriert, um das sich allerlei Gerüchte rankten. Streng verboten war das Betreten zur Zeit der DDR. Es sei eine »Stasi-Insel« hieß es. Bunker seien dort am Ufer im Bewuchs verborgen, ebenso zwei geheimnisvolle kleine Gebäude, in denen der Nachrichtendienst vielleicht Verhöre durchführe.

Tatsächlich aber war die Insel seinerzeit Urlaubsziel für Angehörige des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), die in jener Idylle unter sich bleiben wollten. In den Akten der Abteilung Finanzen der MfS-Bezirksverwaltung Neubrandenburg war das Objekt als »Naherholungszentrum« registriert.

Und die beiden von Legenden umwitterten Häuschen entpuppten sich als einstiges Besitztum des Barons, dem die Insel bis 1945 als Refugium und Gästedomizil diente. Eines der kleinen Gebäude nutzte der Gutsherr als Eiskeller, im anderen ließ er ein dieselbetriebenes Stromaggregat tuckern, da es keine elektrische Leitung vom Festland hinüber gab.

Jahrzehnte nachdem die Insel von »Junkerhand« in Besitz des Staates und dann wieder in Privateigentum gegangen war, wurden Erinnerungen an gutsherrliche Zeiten wach - durch einen heftigen Sturm. Derart schlimm war er im Mai 2015 über den See gefegt, dass Bäume umgerissen wurden. So auch eine Kiefer auf der Herzinsel. Als die Chefin des nahen Hotels den Schaden besehen wollte, entdeckte sie unter dem entwurzelten Baum ein Paket. Darin verborgen hatte ein Schatz geruht: das Tafelsilber, das der Baron vermutlich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs dort vergraben hatte. Die Hotelpächterin fand Kontakt zu den Erben des Adligen und übergab ihnen den wertvollen Fund.

Wertvoll für die Öffentlichkeit soll auch künftig die gesamte Herzinsel bleiben. Deshalb fordert die kommunale Ebene: Am freien Zugang soll der Verkauf nichts ändern.

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