Anstand wird Gesetz
Paris will Politiker Mores und Moral lehren
Paris. Das Kabinett in Paris brachte am Mittwoch unter anderem ein Gesetz auf den Weg, das Abgeordneten eine Beschäftigung naher Verwandter als Assistenten verbietet. Geplant sind außerdem strengere Regeln zur Beratertätigkeit von Parlamentariern und zur Vermeidung von Interessenkonflikten.
Mit dem Gesetzespaket, dessen Grundzüge Anfang Juni vorgestellt wurden, reagiert die neue Regierung auch auf die Scheinbeschäftigungsaffäre um den gescheiterten konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon. Der Ex-Premierminister soll seine Ehefrau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt haben, obwohl sie gar nicht für ihn arbeitete. Skandale wie dieser haben das Vertrauen der Franzosen in die Politik schwer erschüttert.
Allerdings ist jetzt ausgerechnet der für das Reformpaket zuständige Justizminister François Bayrou ebenfalls in den Strudel einer Scheinbeschäftigungsaffäre geraten. Bei seiner Zentrumspartei MoDem sollen Mitarbeiter von EU-Parlamentariern laut Medienberichten in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernommen haben.
Die investigative Satirezeitung »Le Canard Enchaîné« berichtete am Mittwoch, dies sei auch bei Bayrous Privatsekretärin der Fall gewesen, die als EU-Parlamentsassistentin bezahlt wurde. Die französische Justiz leitete bereits Vorermittlungen ein.
Bayrou wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück: Es habe bei MoDem »niemals« Scheinbeschäftigungsstellen gegeben, sagte der Justizminister. Die Mitarbeiter hätten Teilzeitverträge gehabt und entsprechend teilweise für die EU-Abgeordneten und teilweise für die Partei gearbeitet. Es sei alles »legal« abgelaufen.
Die Vorwürfe schwächen aber die Position des Politikveteranen, der vor der Wahl ein Bündnis mit dem späteren Sieger Emmanuel Macron eingegangen war. Für Wirbel sorgte zuletzt ein Anruf, mit dem sich Bayrou beim öffentlich-rechtlichen Radio France über Recherchen zur Scheinbeschäftigungsaffäre beschwerte. AFP/nd Kommentar Seite 4
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