Anstand wird Gesetz

Paris will Politiker Mores und Moral lehren

  • Lesedauer: 2 Min.

Paris. Das Kabinett in Paris brachte am Mittwoch unter anderem ein Gesetz auf den Weg, das Abgeordneten eine Beschäftigung naher Verwandter als Assistenten verbietet. Geplant sind außerdem strengere Regeln zur Beratertätigkeit von Parlamentariern und zur Vermeidung von Interessenkonflikten.

Mit dem Gesetzespaket, dessen Grundzüge Anfang Juni vorgestellt wurden, reagiert die neue Regierung auch auf die Scheinbeschäftigungsaffäre um den gescheiterten konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon. Der Ex-Premierminister soll seine Ehefrau jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt haben, obwohl sie gar nicht für ihn arbeitete. Skandale wie dieser haben das Vertrauen der Franzosen in die Politik schwer erschüttert.

Allerdings ist jetzt ausgerechnet der für das Reformpaket zuständige Justizminister François Bayrou ebenfalls in den Strudel einer Scheinbeschäftigungsaffäre geraten. Bei seiner Zentrumspartei MoDem sollen Mitarbeiter von EU-Parlamentariern laut Medienberichten in Wirklichkeit Parteiaufgaben übernommen haben.

Die investigative Satirezeitung »Le Canard Enchaîné« berichtete am Mittwoch, dies sei auch bei Bayrous Privatsekretärin der Fall gewesen, die als EU-Parlamentsassistentin bezahlt wurde. Die französische Justiz leitete bereits Vorermittlungen ein.

Bayrou wies die Vorwürfe am Mittwoch zurück: Es habe bei MoDem »niemals« Scheinbeschäftigungsstellen gegeben, sagte der Justizminister. Die Mitarbeiter hätten Teilzeitverträge gehabt und entsprechend teilweise für die EU-Abgeordneten und teilweise für die Partei gearbeitet. Es sei alles »legal« abgelaufen.

Die Vorwürfe schwächen aber die Position des Politikveteranen, der vor der Wahl ein Bündnis mit dem späteren Sieger Emmanuel Macron eingegangen war. Für Wirbel sorgte zuletzt ein Anruf, mit dem sich Bayrou beim öffentlich-rechtlichen Radio France über Recherchen zur Scheinbeschäftigungsaffäre beschwerte. AFP/nd Kommentar Seite 4

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -