Fortschrittliche Verfassung von anno dazumal
Festakt zum 25-jährigen Jubiläum des Volksentscheids über den Verfassungsentwurf
Draußen vor dem Potsdamer Nikolaisaal Polizisten, die gegen ihre angeblich verfassungswidrige Besoldung protestieren, drin im Saal am späten Mittwochnachmittag ein Festakt zum Jubiläum der Landesverfassung. Auf den Tag genau 25 Jahre zuvor hatten die Brandenburger den Verfassungsentwurf in einem Volksentscheid mit 94 Prozent der Stimmen angenommen.
Zu runden Jahrestagen beweihräuchern sich die verfassungsgebenden Parteien immer wieder. Besonders die LINKE ist stolz darauf, am Entstehen des Verfassungstextes mitgewirkt zu haben. War doch die Vorgängerpartei PDS in den frühen 1990er Jahren nicht allein in der Opposition, sondern bundesweit in der Rolle des gemiedenen Außenseiters. Doch das Land Brandenburg unter dem damaligen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) ging einen Sonderweg. Es gab nicht so sehr die im parlamentarischen Geschäft übliche reflexmäßige Ablehnung und den showeffektmäßigen Streit. Vernünftige Vorschläge der Opposition wurden stattdessen zuweilen anstandslos aufgegriffen. Bei allem Blabla und Eigenlob bleibt aber doch festzuhalten, dass die Verfassung als »fortschrittlich, grundrechtestark und bürgerfreundlich« einzuschätzen ist, wie Land, Landtag und Landesverfassungsgericht eine gemeinsame Pressemitteilung zum Festakt überschrieben. So hat Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) seinen Amtseid nach eigenem Bekunden, »mit Stolz und gutem Gewissen« auf die Landesverfassung geleistet.
Linksfraktionschef Ralf Christoffers findet: »Der Wert dieser zu Recht als modern geltenden Landesverfassung bestand und besteht darin, dass sie nicht nur die Erfahrungen aus 40 Jahren ›alter‹ Bundesrepublik in sich aufnahm. Vielmehr bekamen mit ihr wichtige Forderungen, Ansprüche und Ziele Verfassungsrang, die im Herbst 1989 von Bürgerinnen und Bürgern in Auseinandersetzung mit der staatssozialistischen Praxis in der DDR erhoben worden waren.«
Für Spott sorgte freilich die Erkenntnis: das scheinbar in der Verfassung verbriefte Recht auf Arbeit nutzt den Erwerbslosen nichts. Sie konnten dieses Recht nicht einklagen. Denn das Recht auf Arbeit war nur als Ziel staatlichen Handelns aufgenommen, nicht als Realität. Immerhin führte aber schon die formulierte Wunschvorstellung zu dem nach Ansicht von Christoffers abstrusen Vorwurf der CDU, der Verfassungsentwurf widerspreche dem Grundgesetz und weise den Weg in eine andere Republik.
Die LINKE rühmt sich - und dies durchaus berechtigt - sie habe sich beispielsweise für Volksbegehren und Volksentscheide mit niedrigen Hürden eingesetzt und für ein umfassendes Akteneinsichtsrecht. Mit Blick auf die Verfassung sei in Zukunft noch einiges weiterzuentwickeln. Als Stichwort wird die Schule für alle genannt, in der Kinder und Jugendliche von der 1. bis zur 10. oder sogar 13. Klasse gemeinsam lernen. Seit 1992 ist die Verfassung acht Mal geändert worden. Unter anderem wurde eine Antirassismusklausel eingefügt.
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