Flora und Fauna so vielfältig wie nirgends

Am Wochenende lädt der Lange Tag der Stadtnatur zu Entdeckungen / Wachsende Stadt bedroht das Grün

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Lange Tag der Stadtnatur der Stiftung Naturschutz Berlin sei »Umweltbildung als Festival«, sagt Umwelt- und Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne) bei der Vorstellung des Programms. Von Sonnabend, 15 Uhr, bis Sonntag, 17 Uhr, soll den Hauptstädtern mit 500 Veranstaltungen an 150 Orten die wilde Seite Berlins nähergebracht werden. Von den Gipfeln der Arkenberge ganz im Norden - nach Schuttaufschüttungen inzwischen die höchste Erhebung der Hauptstadt - bis zu den Gosener Wiesen tief im Südosten reicht das Programm. Aber auch Wissenswertes über den Einfluss der nächtlichen Beleuchtung auf die Tierwelt in Kreuzberg ist zu erfahren.

Der Berliner Wildtierbeauftragte Derk Ehlert wird an beiden Tagen auf Dampferfahrten zwischen Jannowitzbrücke und dem Industriegebiet Oberschöneweide den Teilnehmern die »wilde Spree« näherbringen. »Mit 20 000 Tier- und Pflanzenarten in Berlin gibt es keine andere Stadt weltweit, in der so eine Naturvielfalt nachgewiesen wurde«, sagt Ehlert. Und: »Tagsüber gibt es Kormorane und nachts schwimmt der Biber auf der Spree.«

Schwerpunkt der diesjährigen 11. Auflage des Naturfestivals sind die Bienen. Auf dem Land sind die wichtigen Bestäuber durch Monokultur und Pestizide inzwischen bedroht, die abwechslungsreichere Flora in den Städten ist da bienenfreundlicher.

Doch die wachsende Stadt bedroht auch wertvolle Freiflächen. Noch verwunschene alte Gleistrassen, wie die Stammbahn vom Potsdamer Platz bis nach Potsdam oder die Siemensbahn von Jungfernheide nach Gartenfeld, könnten dereinst wieder in Betrieb genommen werden. Was aus Umweltschutzgründen zu begrüßen ist, muss nicht unbedingt dem Naturschutz entsprechen.

»Es wird Einzelfallentscheidungen geben«, kündigt Senatorin Günther auf nd-Anfrage an. Sie möchte also keine generelle Unterschutzstellung möglicherweise wertvoller Biotope versprechen. Auch der Ausbau des Radverkehrs kann ein Beitrag zum Naturschutz sein, denn so kann die Versiegelung von Flächen für Straßen vermieden werden. »Für mich geht Qualität vor Schnelligkeit«, entgegnet Günther Kritikern, denen es mit dem Radgesetz nicht zügig genug vorangeht.

Auch der mögliche Weiterbau der A 100 über Treptow hinaus bis zur Storkower Straße in Prenzlauer Berg würde für weitere Flächenversiegelung sorgen. Alle Bundesländer hatten Anfang Juni im Bundesrat einem Beschluss zugestimmt, der die Gründung einer privatrechtlichen Bundesautobahngesellschaft ermöglicht. Die könnte ab 2022 den Bau auch gegen den Willen Berlins durchsetzen. »Es gibt eine Protokollnotiz, dass das Land Berlin den Weiterbau nicht wünscht«, sagt Günther dem »nd«.

Um Berlin als grüne Metropole zu erhalten, starteten mehrere Umweltverbände, darunter der BUND, die Grüne Liga und die Naturfreunde, bereits im vergangenen Jahr die Kampagne »IMMER.GRÜN«. In Erinnerung an den vor 100 Jahren geschlossenen Dauerwaldvertrag, der unter anderem den Grunewald bis heute vor Bebauung schützt, fordern sie angesichts des neuerlichen Booms einen neuen Stadtvertrag. Er soll zur »Daseinsvorsorge in Hinblick auf Gesundheit und Lebensqualität« nie zu bebauende Grünflächen gesetzlich absichern. Die Forderung hat auch den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden. 2018 sollen dafür Mittel bereitstehen und die konkrete Ausarbeitung des Konzepts beginnen.

Die Karte für alle Veranstaltungen kostet 7 Euro, ermäßigt 5 Euro. www.langertagderstadtnatur.de

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