Ein Film, der Israel schadet
Netzwoche
Die Dokumentation »Auserwählt und ausgegrenzt - Der Hass auf Juden in Europa«, die der deutsch-französische Sender Arte nicht zeigen wollte, wurde jetzt doch im öffentlich-rechtlichen TV ausgestrahlt. Am Mittwochabend zeigte die ARD die Doku, versehen mit Kommentaren, Einordnungen und Faktenüberprüfungen der WDR-Redaktion. Anschließend diskutierten in der Talksendung »Maischberger« der Historiker Michael Wolffsohn, Norbert Blüm (CDU), der Psychologe Ahmad Mansour (der für die von Sophie Hafner und Joachim Schröder produzierte Doku als Berater fungierte), die Journalistin Gemma Pörzgen, Rolf Verleger (ehemals Zentralrat der Juden) sowie WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn über das Thema. Zeitversetzt übernahm Arte beide ARD-Sendungen.
Schönenborn bemängelte die handwerkliche Qualität des Films, der nach WDR-Angaben sieben Persönlichkeitsrechtsverletzungen und 25 inhaltlich-journalistische Schwächen enthält. Auf wdr.de sind diese Punkte aufgeführt. Einer davon dreht sich um die Passagen in der Doku, die sich mit der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts beschäftigen. Der WDR verlinkt an dieser Stelle zum persönlichen Blog von Clemens Heni (clemensheni.net). Der deutsche Politologe ist Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism (BICSA) und kritisiert, dass sich eine Doku, die sich gegen europäische Antisemiten wendet, mit dem Verhalten Israels - dem gegenwärtigen und historischen - gegenüber den Palästinensern so ausführlich beschäftigt und dabei die Verbrechen leugnet, die die israelische Armee beging. So werde in dem Film postuliert, dass im israelischen Unabhängigkeitskrieg von 1948 keine Palästinenser im Rahmen der Vertreibungen getötet worden seien. Heni widerspricht: »Alleine das Massaker von Deir Yassin, bei dem am 9. April 1948 100 bis 110 arabische Zivilisten von israelischen Einheiten ermordet wurden, wie der Historiker Benny Morris neben vielen anderen herausgearbeitet hat, steht dagegen. (…) Sicher sind Israelfeinde erpicht darauf, Juden Verbrechen anzuhängen und viele machen antisemitische Vergleiche mit dem Nationalsozialismus und der Shoah. Das darf aber im Umkehrschluss nicht dazu führen, bekannte Verbrechen Israels zu leugnen.«
Heni kritisiert auch den Stil des Films. Dieser »möchte überwältigen, er argumentiert gar nicht, da wird keine Sekunde zum Nachdenken angeregt. Schlag auf Schlag werden antisemitische Beispiele zusammenhangslos aneinandergereiht.« Die Doku sei ein »Film gegen Antisemitismus, Verschwörungsideologien, Islamismus und die antijüdische Indoktrination von kleinen Kindern im Jihad-Fernsehen von Hamas und anderen. Es ist ein pro-israelischer Film, das ist sehr gut. Aber er ist ein pro-israelischer Propagandafilm und das ist sehr schlecht (...) Die Filmemacher und die Fanszene scheinen gar nicht zu merken, wie dieser Film Israel schaden wird.«
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