Wer würde vom SPD-Steuerkonzept profitieren?
Berechnungen: Am meisten werden überdurchschnittlich verdienende Angestellte und Facharbeiter entlastet
Berlin. Was würde eigentlich das SPD-Steuerkonzept bringen? Während Union und Kapitallobbyisten die Sozialdemokraten ein Zuviel an Umverteilung vorwerfen und die Linkspartei die Meinung vertritt, die Steuerpläne der SPD seien »mutlos«, hat der Steuerexperte Frank Hechtner einmal nachgerechnet.
Wie die ARD vorab meldet, die die Zahlen beauftragt hatte, würden vor allem die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen von einer Umsetzung profitieren - aber auch einige Besserverdienende. Am meisten könnten überdurchschnittlich verdienende Angestellte und Facharbeiter entlastet werden - laut Hechtners Berechnungen zum Beispiel als kinderlose Singles mit 60.000 Euro Jahreseinkommen steuerlich um rund 1.250 Euro. Ein Single ohne Kinder mit 90.000 Euro brutto im Jahr würde noch um rund 370 Euro jährlich entlastet.
Umgerechnet auf Monatsverdienste sieht es so aus: Ein Single mit einem monatlichen Bruttolohn von 2.500 Euro würde nach dem SPD-Konzept rund 350 Euro jährlich sparen; ein Durchschnittsverdiener mit einem Bruttolohn von 3.750 Euro käme auf ein Plus von etwa 740 Euro. Eingerechnet sind hier noch nicht zusätzliche Elemente wie der von der SPD geplante Kinderbonus von 150 Euro pro Kind und Elternteil. Es sei also möglich, so die ARD, »dass vor allem Familien mit Kindern noch deutlicher von den SPD-Plänen profitieren könnten«.
Mehr zahlen müssten dagegen Bezieher sehr hoher Einkommen - und hier ist hoch wirklich hoch: Bei einem monatlichen Einkommen von 25.000 Euro müssten sie jährlich etwa 6.480 Euro mehr abführen.
Laut einer aktuellen Umfrage kommen die SPD-Steuerpläne - ohne Vermögensteuer - bei der Bevölkerung gut an. Wie das Meinungsforschungsinstitut YouGov mitteilte, halten rund zwei Drittel der Bürger die in dieser Woche vorgestellten Maßnahmen für grundsätzlich sinnvoll. 59 Prozent meinten, dass diese Steuerpläne die soziale Gerechtigkeit verbessern werden. 52 Prozent der Befragten sehen sogar eine fundamentale Verbesserung des bestehenden Steuersystems. Und bei fast einem Drittel der Befragten tragen die Reformpläne angeblich dazu bei, dass sie bei der Bundestagswahl der SPD ihre Stimme geben würden. »Die Partei erreicht mit ihren Plänen auch Wählergruppen außerhalb ihrer Kernwählerschaft«, sagte der Forschungsleiter von YouGov Deutschland, Holger Geißler.
Die SPD will den Soli-Steuerzuschlag ab 2020 zunächst für untere und mittlere Einkommen abschaffen, später dann für alle. Die Mittelschicht soll weniger Steuern zahlen, Spitzenverdiener sollen stärker belastet, zudem größere Erbschaften höher besteuert werden.
Unlängst hatte die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, einige Beispiele für die Entlastung mit dem Steuerkonzept ihrer Partei genannt. Darin sei »eine deutliche Entlastung der Menschen mit mittlerem Einkommen« vorgesehen - bei dem Alleinstehende mit unter 7.100 Euro brutto im Monat »deutlich entlastet« würden. Als Beispiel führte Kipping eine alleinstehende Facharbeiterin mit 3.400 brutto im Monat an, die »nach unserem Modell 211 Euro mehr« behalte. Auch im Rentenkonzept und den Plänen für die Gesundheitskasse stünden »ganz konkrete Maßnahmen, um die Mitte zu stärken«. Dies müsse »sich noch viel mehr rumsprechen«, so Kipping.
Laut dem linken Konzept soll der Grundfreibetrag auf 12.600 Euro angehoben werden. Dafür sollen Besserverdiener und Vermögende stärker besteuert werden. Der Spitzensteuersatz soll von heute 45 auf 53 Prozent steigen, dabei soll er ab einem zu versteuerndem Jahreseinkommen ab 70.000 Euro greifen, das entspricht etwa einem Bruttoverdienst von 81.000 bei einem Alleinstehenden ohne Kinder. Danach würde eine zweistufige Reichensteuer greifen - ab 260.000 Euro im Jahr sind 60 Prozent fällig, ab einem zu versteuerndem Einkommen von einer Million Euro 75 Prozent. Dazu soll eine Vermögenssteuer von fünf Prozent auf alle Vermögen oberhalb einer Million Euro kommen. nd
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