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SPD-Parteitag: Alle haben was zu meckern

Linkspartei nennt Schulz »Bettvorleger« / Grüne werfen Sozialdemokraten »Etikettenschwindel« vor / Union: Schulz ist wegen Umfragen frustriert

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Nach dem Parteitag der SPD in Dortmund müssen sich die Sozialdemokraten von allen Seiten teils heftige Kritik anhören. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht sagte, »der Parteitag ist der Endpunkt einer großen Desillusionierung«. Als Kanzlerkandidat Martin Schulz nominiert worden sei, habe es bei vielen die Hoffnung gegeben, dass die SPD wieder eine sozialdemokratische Partei werde, wird sie von der »Welt« zitiert. »Tatsächlich hat die Partei nun ein Wahlprogramm beschlossen, das sich noch ängstlicher vor den Wünschen der Konzernlobbyisten und Superreichen verbeugt als frühere Programme«, so Wagenknecht.

Die Politikerin wies vor allem auf ein Lieblingsthema der Linkspartei hin: »Dazu passt, dass die SPD sich noch nicht mal mehr traut, eine Besteuerung der Vermögen von Multimillionären und Milliardären zu fordern.« Eine SPD, »die nichts wesentlich anders machen will als die Union, braucht kein Mensch«. 2013 habe die SPD wenigstens noch gefordert, die Rente mit 67 zurückzunehmen. »Jetzt will sie nur noch den Status quo erhalten. Das alles kann ich nicht anders interpretieren als ein Werben für ein Weiterregieren mit Frau Merkel. Als Juniorpartner«, erklärte die Fraktionschefin.

Zurückhaltender reagierte die Linksparteichefin Katja Kipping. Doch auch sie äußerte Zweifel am Willen des SPD-Kanzlerkandidaten, einen echten Regierungswechsel etwa hin zu Rot-Rot-Grün herbeiführen zu wollen. Schulz habe zwar gezeigt, dass er gegenüber Merkel noch nicht aufgegeben habe. Fraglich sei, ob er seine Gerechtigkeitswende auch mit der SPD durchsetzen könne. »Die Abstimmung gegen die Vermögenssteuer auf dem SPD-Parteitag lässt daran zweifeln.« Kippings Fazit: »Martin Schulz ist als Tiger abgesprungen. Damit er nicht als Bettvorleger in einer großen Koalition landet, braucht es eine starke Linke.«

Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir kritisierte die SPD mit Blick auf den Klimaschutz. »Die SPD betreibt Etikettenschwindel - sie redet zwar von Klimaschutz, macht aber keinen«, erklärte Özdemir am Sonntag. Die Sozialdemokraten sagten nichts zum Ausstieg aus der Kohleenergie. Zudem wolle die SPD bis 2050 lediglich »weitestgehend« auf erneuerbare Energien umsteigen - »ohne ein klares Instrument vorzuschlagen«, bemängelte der Grünen-Chef.

Harte verbale Attacken gab es auch aus der Union. CDU-Bundesvize Armin Laschet wies die scharfe Kritik der Sozialdemokraten am Wahlkampfstil der Union zurück. Dies zeige eher Verzweiflung bei Schulz, jetzt solche »absurden Argumente« zu suchen, sagte Laschet am Sonntagabend vor einer Sitzung des CDU-Präsidiums in Berlin. Schulz hatte Merkel und der Union beim SPD-Parteitag vorgeworfen, sich vor inhaltlichen Aussagen zu drücken und damit eine geringere Wahlbeteiligung in Kauf zu nehmen. »Ich nenne das einen Anschlag auf die Demokratie«, so der SPD-Chef in Dortmund.

Nordrhein-Westfalens designierter Ministerpräsident Laschet sagte im ARD-»Morgenmagazin«: »Das ist schon starker Tobak, das ist daneben, so kann man nicht argumentieren.« Der Vorwurf, die CDU habe kein Rentenkonzept, stimme auch in der Sache nicht. »Auch wenn Herr Schulz wegen der Umfragewerte frustriert sein mag, sollte er doch Maß und Mitte wahren«, schrieb CDU-Generalsekretär Peter Tauber im Kurzmitteilungsdienst Twitter. »So groß darf die Verzweiflung niemals sein, dass wir Demokraten uns gegenseitig Anschläge auf die Demokratie vorwerfen«, fügte der CDU-Generalsekretär hinzu.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, was die SPD »als Zukunftsplan verkauft, sind ihre alten Schlager.« Sie bemängelte, dass die Partei bei der Steuer »mal wieder allein auf Umverteilung« setze. Agenturen/nd

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