Temer in der Bredouille
Brasiliens Präsident droht ein Korruptionsprozess
Die oberste Anklagebehörde in Brasilien wirft Staatschef Michel Temer ganz offen die Annahme von Bestechungsgeldern vor. Temer droht damit als erstem amtierenden Präsidenten des Landes ein Prozess wegen Korruption vor dem Obersten Gerichtshof. Ob dem Staatschef tatsächlich der Prozess gemacht wird, müssen nun die Abgeordneten des Parlaments entscheiden. Bisher hatte Temer in der weitverzweigten Korruptionsaffäre seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge ziehen können.
Temer wird vorgeworfen, 500 000 Real (rund 130 000 Euro) Bestechungsgeld vom Chef des Fleischkonzerns JBS angenommen zu haben. Die Zahlungen sollen zwischen März und April erfolgt sein. Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot forderte deshalb am Montag (Ortszeit) eine Anklage gegen den Präsidenten vor dem Obersten Gerichtshof wegen des Vorwurfs passiver Korruption.
Janot könnte seine Anklage noch um weitere Punkte erweitern, denn der 76-jährige Temer soll in weitere Korruptionsfälle verwickelt sein, und ihm wird Behinderung der Justiz angelastet.
Die Polizei hatte dem Obersten Gerichtshof in der vergangenen Woche Beweismaterial übermittelt, wonach Temer mutmaßlich Bestechungsgelder über einen früheren Mitarbeiter annehmen ließ. Sein Vertrauter Rodrigo Rocha Loures war mit einem Koffer voller Geldscheine gefilmt worden, bei denen es sich um Bestechungsgeld der Firma JBS handeln soll. Konzernchef Joesley Batista erhob kürzlich schwere Vorwürfe: Temer habe Geld von ihm verlangt, um seine politischen Kampagnen damit zu finanzieren.
Laut einem heimlich mitgeschnittenen Gespräch mit einem leitenden Angestellten des in einen Gammelfleischskandal verwickelten Konzerns JBS soll Temer im März auch monatlichen Schweigegeldzahlungen an den ehemaligen Parlamentspräsidenten Eduardo Cunha zugestimmt haben. Cunha, wie Temer Mitglied der Partei der demokratischen Bewegung (PMDB), sitzt wegen der Annahme von Schmiergeld in Haft. Er soll über umfassendes Wissen zu den Beteiligten in der riesigen Korruptionsaffäre um den Ölkonzern Petrobras verfügen. AFP
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