Volksentscheid zu Kreisreform nicht bindend
Kann die rot-rote Regierung eine Kreisgebietsreform gegen das Votum eines Volksentscheides durchsetzen? »Formal ist das Parlament an das Ergebnis eines solchen Entscheides nicht gebunden«, sagte am Dienstag Linksfraktionschef Ralf Christoffers. Die Frage sei natürlich, ob es politisch klug wäre, sich dem Willen der Bürger zu verweigern.
Die Debatte entzündete sich an einer Bemerkung von SPD-Fraktionschef Mike Bischoff, wonach der Volksentscheid keineswegs zwingend das Regierungshandeln bestimmen müsse.
Der Abgeordnete Pèter Vida (Freie Wähler) sieht darin den Versuch, die Brandenburger »zu entmutigen« und sie davon abzuhalten, sich an einem Volksentscheid zu beteiligen. Vida warf den Regierungsparteien vor, darauf zu setzen, dass bei einem Volksentscheid das Quorum nicht erreicht wird. Ein Viertel der Wahlberechtigten müsste mindestens gegen die Kreisreform stimmen. Die Koalition behaupte, eine Entscheidung sei nicht relevant, rügte Vida. SPD-Fraktionschef Bischoff rede »den Leuten« ein, eine beim Volksentscheid abgegebene Stimme sei nutzlos. Das nannte Vida »unehrenhaft«. Die Freien Wähler möchten einen Landtagsbeschluss beantragen, wonach das Ergebnis eines Volksentscheids zur Kreisreform anerkannt werden solle.
»Der Vorwurf der Freien Wähler ist falsch«, erklärte der so angegriffene Bischoff. Vielmehr habe er sich auf das juristische Gutachten des parlamentarischen Beratungsdienstes berufen, dass zur Erkenntnis gekommen sei, dass das Votum des Volksentscheides für sich genommen nicht zwingend und bindend sei. Denn der Text der Volksinitiative gegen die Kreisreform beinhalte keinen Gesetzentwurf. Bischoff lehnte es ab, zum jetzigen Zeitpunkt zu sagen, ob er sich an das Votum eines Volksentscheids gebunden fühlen würde. Er sagte lediglich: Sollte das Ergebnis vorliegen, werde die SPD dieses Ergebnis »mit Respekt« behandeln und sich »sehr damit beschäftigen«.
»So weit sind wir noch lange nicht«, meinte Linksfraktionschef Christoffers. Jetzt sei vom Landeswahlleiter mit dem 29. August erst einmal der Starttermin für das Volksbegehren gesetzt. Erst wenn mindestens 80 000 gültige Unterschriften gegen die Kreisreform geleistet sind und der Landtag nicht auf die Reform verzichtet, könnte es zu einem Volksentscheid kommen. »Ein Volksentscheid hat immer Einfluss auf die politische Meinungsbildung«, versicherte Christoffers.
»Wenn die SPD meint, man könne über das Ergebnis eines Volksentscheides locker hinweggehen, dann täuscht sie sich«, sagte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Es sei zwar richtig, dass der Volksentscheid nicht unmittelbar das Gesetz zur Kreisgebietsreform aushebeln könne. Wenn die Brandenburger jedoch wollen, »dass alles so bleibt wie es ist«, dann müsste die Politik dem Rechnung zu tragen, findet Vogel.
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