Hamburger Harmoniepegel sinkt

Merkel stimmt in Erklärung zum G20-Gipfel auf Konfliktbereitschaft auch auf höchster Ebene ein

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

»Wer glaubt, die Probleme dieser Welt mit Isolationismus und Protektionismus lösen zu können, der unterliegt einem gewaltigen Irrtum.« Ohne dass sein Name gefallen wäre, wussten die Abgeordneten des Bundestages, wem die Worte der Kanzlerin in ihrer Regierungserklärung am Donnerstagmorgen galten. Angela Merkels Kritik an US-Präsident Donald Trump war auch wegen seiner angekündigten Kündigung des Pariser Klimaabkommens ungewohnt deutlich. Man werde nicht warten, bis auch der Letzte von den Ursachen des Klimawandels überzeugt werden konnte, sagte Merkel. »Das Pariser Abkommen ist unumkehrbar und nicht verhandelbar.« Bei dem Staatentreffen am 7. und 8. Juli wird es vor allem um Klimaschutz und Freihandel gehen. Doch auch die Migrationsproblematik werde zur Sprache kommen, hieß es. »Wir brauchen die G20 dringender denn je«, so die Kanzlerin.

Was den Isolationismus von Politik angeht, so sind sich die Gegner des G20-Treffens allerdings darüber einig, dass der Gipfel auf seine Art selbst ein Beispiel ist. Entscheidungen über die Köpfe der betroffenen Menschen hinweg, etwa wenn es um die angebliche Bekämpfung von Fluchtursachen geht, kennzeichnen die Politik der am Gipfel teilnehmenden Staatenvertreter. Auch LINKE-Fraktionschef Dietmar Bartsch sprach den Staatenvertretern in seiner Bundestagsrede ab, für Stabilität und Zukunftsverantwortung zu stehen, sie seien »keine legitime Repräsentation für den gesamten Globus«.

Merkel räumte den Gipfelgegnern das Recht ein zu demonstrieren, aber dies müsse friedlich geschehen. Allein, die Stimmung der Angesprochenen sank am Donnerstag gen Nullpunkt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch das Recht der Demonstranten auf ein Protestcamp im Stadtpark im Prinzip bestätigt hatte, welches die Hamburger Behörden zuvor verboten hatten, blieb den Gipfelgegnern der Jubel tags darauf schnell im Halse stecken. Denn die vage formulierten Bedingungen und Auflagen, die das Gericht den Behörden gleichzeitig zur Entscheidung überlassen hatte, drohen das Camp nun neuerlich zu verhindern. Die Vorbereitungsgruppe des »Antikapitalistischen Camps« teilte nach einem geplatzten Vorbereitungstreffen mit der Hamburger Versammlungsbehörde am Nachmittag mit, die Polizei habe gar nicht über die grundlegende Infrastruktur des Camps - also Toiletten, Zelte, Küchen - verhandeln wollen. Für zusätzliche Unruhe sorgten Hausdurchsuchungen am Donnerstagmorgen in Wohnungen und Büroräumen einer Gruppe von Gipfelgegnern. Sie wurden mit angeblicher Befürwortung von Gewalt in einem Interview begründet. Seite 5

Mehr über das Karlsruher Urteil und die Folgen für den Protest in Hamburg online: dasND.de/G20Razzia

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