Nichts ist unmöglich in der Hansestadt
Unter Hartmut Dudde handelt sich die Hamburger Polizei regelmäßig Kritik ein
Wer wissen will, wie Gewaltenzerteilung funktioniert, kann sich an Hartmut Dudde wenden. Der Gesamteinsatzleiter der Hamburger Polizei demonstriert im Vorfeld des G20-Gipfels die »Hamburger Linie« - eine präventive Einschränkung von Grundrechten, bei der Gerichtsentscheidungen nachrangig sind.
Die Logik des 54-Jährigen ist einfach: Wir sind vor Ort für die Sicherheit zuständig, da halten sich andere besser raus. Und die gegenwärtige Rechtslage ist nicht entscheidend, denn die kann sich ja ändern. So legte sich am Sonntag ein weiteres Mal ein Schillscher Schatten (Ronald Barnabas Schill, auch bekannt als »Richter Gnadenlos«, war von 2001 bis 2003 Innensenator) über die Hansestadt, als Dudde anordnete, ein vom Verwaltungsgericht genehmigtes Camp im Stadtteil Rothenburgsort durch zwei Hundertschaften bis in die Abendstunden zu verhindern und danach mit Reizgas gegen den Aufbau von Zelten vorzugehen.
Regelmäßige Urteile, die von ihm geleitete Einsätze in Teilen als rechtswidrig bezeichneten, perlen am gebürtigen Karlsruher ab, der 2005 zum Chef der Hamburger Bereitschaftspolizei ernannt wurde. In dieser Funktion verantwortete er das Vorgehen bei der Demonstration zum Erhalt des linken Zentrums »Roten Flora« im Dezember 2013, bei der fast 700 Verletzte zu verzeichnen waren. Die Stadt pfiff die Polizei danach nicht etwa zurück, sondern duldete die Ausrufung von »Gefahrengebieten« - und übertrug Dudde die Arbeit an einem Sicherheitskonzept für die Bewerbung um die Olympischen Spiele 2024, was durch die Ablehnung im Olympiareferendum obsolet wurde.
Der Polizist im vierten Dienstjahrzehnt leitet in seinem G20-Stab 80 Untergebene, denen es an Korpsgeist nicht mangeln dürfte. »Wir leben davon, dass wir zusammenhalten«, schilderte Dudde einmal seine »Gefahrengemeinschaft« von Bereitschaftspolizisten. Sein dortiger Nachfolger Stefan Schneider warf vor zwei Jahren das Handtuch - entnervt vom Eskalationskurs des Gesamteinsatzleiters Dudde, dessen Credo lautet: »Was gemacht werden muss, wird gemacht: Die Feuerwehr rennt auch nicht vor einem Feuer weg.«
Dass, wer am Versammlungsrecht zündelt, selbst unter den Verdacht der Brandstiftung geraten könnte, erwähnte Dudde nicht, als er jüngst neben Polizeipräsident Ralf-Martin Meyer das G20-Konzept vorstellte: »Ich gehe davon aus, dass wir einen Gipfel hinkriegen, bei dem alle hinterher sagen: Es war toll, in Hamburg gewesen zu sein.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.