Schokolade für die Polizei

Damit sich die Kollegen möglichst wohl fühlen, ist in Hamburg auch die Gewerkschaft der Polizei unterwegs

  • René Heilig, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.

Was passiert, wenn dieser Tage ein Revierleiter bei einer Elternversammlung in einer Hamburger Schule auftritt und erklärt, es könne sein, dass es auf dem Schulhof zu Polizeieinsätzen kommt? Nicht nur Eltern die im oder um das Schanzenviertel herum wohnen, schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und bestärken die Schulleitungen, den Unterricht ausfallen zu lassen. Viele wissen nicht, vor wem sie mehr Angst haben sollen - vor den im Stundenrhythmus angekündigten Chaoten oder vor den wie die Eishockeyspieler verkleideten Polizisten. Laden- und Cafébesitzer sperren ab und schützen ihre Einrichtung. Man kann die Aufregung verstehen, denn nicht einmal die Polizei öffnet in dieser Woche ihr Museum. Wer es sich leisten kann, verlässt die Stadt.

Gulaschkanone inklusive

Ganz anders hält es Oliver Malchow. Er kommt nach Hamburg und hat eine Helferschar seiner Gewerkschaft der Polizei (GdP) an der Seite. Rund 150 Betreuer, denn die Kollegen im Einsatz brauchen nicht nur Wasserwerfer, Räumfahrzeuge und Boote, sondern auch kollegiale Rückendeckung. Und ab und zu einen Schokoladeriegel. Natürlich könne man nicht mit den 185 000 Lunchpaketen konkurrieren, die von der Hamburger Polizei gepackt wurden, doch, so hört man aus der GdP-Führung, wurde aus Thüringen sogar eine Gulaschkanone mit 5000 Würstchen in die Hafenstadt gekarrt. Auch Eis habe man eingelagert.

Für Gewerkschaftschef Malchow ist wesentlich, dass die Polizei nicht nur dazu da ist, die Staatsgäste und deren Gespräche zu schützen. Es gehe auch darum, das Grundrecht auf Demonstrationen gegen den Gipfel zu garantieren. Am Sonntagabend allerdings verspürten das Demonstrationsteilnehmer bereits ganz anders. Gerichtsentscheidung hin oder her - Hamburgs GdP-Chef Gerhard Kirsch verteidigt ausdrücklich das von der Polizei durchgesetzte Campverbot im Stadtpark. Solche Camps, so behauptet er, seien beispielsweise beim G8-Gipfel in Heiligendamm Ausgangspunkt von Straf- und Gewalttaten gewesen. Auch Malchow steht hinter dem Räumungsbefehl. Beide erwarten nicht, dass sich der auch juristisch höchst umstrittene Einsatz negativ auf die gesamte Demonstrationskultur in Hamburg auswirkt.

Nicht nur die Gewerkschaft kümmert sich. Eine andere Art von Seelsorge bieten rund 50 Pastoren und Diakone aus allen Bundesländern, die in dieser Woche mit ihren Polizeieinheiten in der Hansestadt sein werden. Gerade in der Masse - es sind rund 19 000 uniformierte Polizisten aus allen Ländern und vom Bund sowie rund 1000 Beamten des Bundeskriminalamtes geordert - brauche der Einzelne Beistand. Dass es auch zu Auseinandersetzungen mit Demonstranten kommen wird, gilt auch für die irdischen Vertreter Gottes als gesetzt. Und was hilft dagegen? Ein kurzer Schnack auf der Straße und - Schokolade. So wie für die Zeit nach der »Schlacht« eine medizinische Versorgung verletzter Kollegen gesichert ist, so bereitet man auch die psychosoziale Notfallversorgung vor. Wie Polizeiseelsorger dabei helfen können, hat man im Dezember vergangenen Jahres beim Treffen der Außenminister der Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Hamburg trainiert. Und inzwischen die Konzepte verbessert.

Kaum ein Wort über Terror

Verbesserte Konzepte hat auch die mit Urlaubssperre belegte Bundespolizei. Pünktlich zum Gipfel in Hamburg seien die sogenannten Beweis- und Festnahmeeinheiten plus (BFE+) einsatzbereit, sagt das Bundesinnenministerium. Sie waren mit viel Vorschusslorbeeren bereits im Dezember 2015 geschaffen worden. Ziel ist es, die Eliteeinheit GSG 9, die insbesondere zu Terrorlagen gerufen wird, zu entlasten und rascher an Ort und Stelle zu sein. Interessanterweise wird bei den polizeilichen Vorbereitungen auf den G20-Gipfel so gut wie gar nicht über die Möglichkeit von Terroranschlägen geredet. Und wie sich die geheimen Dienste in der zur Festung erklärten Stadt eingerichtet haben, wie sie Kommunikationsverbindungen überwachen und Spitzel einsetzen, ist gleichfalls unbekannt.

Bislang gibt es um die 250 speziell einsetzbare Super-Cops. Stationiert sind die BFE+-Truppen an den Standorten Blumberg bei Berlin, St. Augustin, Bayreuth, Uelzen und Hünfeld. Und jetzt in Hamburg. Keineswegs nur, um Schokoladeriegel abzufassen.

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