Gewalttäter stürmten venezolanisches Parlament
Gegenseitige Attacken von Regierungsanhängern und -gegnern / Opposition sieht die Schuld bei Präsident Maduro
Caracas. Mutmaßliche Anhänger des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro haben in Venezuela das von der Opposition dominierte Parlament gestürmt und auf Abgeordnete eingeschlagen. Mindestens zwölf Menschen wurden nach Angaben der Regierungsgegner verletzt, darunter fünf Abgeordnete der Nationalversammlung. Es waren blutverschmierte Menschen zu sehen, nachdem vermummte Schläger sie am Mittwoch attackiert hatten. Der Abgeordnete Américo de Grazia erlitt Rippenbrüche und wurde bewusstlos ins Krankenhaus gebracht. Auch die Regierungsgegner keilten kräftig zurück. Mindestens ein Angreifer wurde von den Abgeordneten gestellt und verprügelt. »Du wirst bezahlt, damit du deine Brüder tötest«, schrie die Parlamentarierin Yajaira Forero. Laut Opposition hatten Polizisten den Angreifern die Tore geöffnet.
Oppositionsführer Henrique Capriles sagte: »Man darf nicht vergessen, dass die ganze Gewaltzunahme von Nicolás Maduro angeordnet worden ist. Erinnert euch an die Kriegserklärung gegen uns Venezolaner.« Maduro hatte angekündigt, das Sozialismusprojekt im Land mit den größten Ölreserven der Welt notfalls mit Waffen zu verteidigen.
USA, EU, die Organisation Amerikanischer Staaten und das Nachbarland Kolumbien verurteilten die Attacke auf die Nationalversammlung am venezolanischen Nationalfeiertag. »Diese Gewalt ist ein Angriff auf die demokratischen Prinzipien«, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums. Der Präsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, schrieb auf Twitter: »Ich verurteile den Angriff auf die Nationalversammlung in Venezuela - ein Symbol der Demokratie - auf das Schärfste. Das Europäische Parlament fordert sofortige Neuwahlen.«
Maduro sprach von »seltsamen Vorfällen« und kündigte Ermittlungen an. Die Opposition warf dem Staatschef Scheinheiligkeit vor. Parlamentspräsident Julio Borges machte bewaffnete Schlägertrupps der Regierung für den Angriff verantwortlich. »Die Gewalt in Venezuela heißt Nicolás Maduro«, sagte Borges. »Wenn sie die Demonstrationen von Tausenden Venezolanern unterdrücken wollen, gelingt ihnen das innerhalb von Sekunden. Wenn es ihre eigenen Leute sind, passiert nichts.«
Im Machtkampf kamen seit Anfang April 91 Menschen ums Leben. Die Proteste hatten sich an der vorübergehenden Entmachtung des Parlaments durch den Obersten Gerichtshofs entzündet. Maduro versucht, mit Dekreten zu regieren, nachdem die Opposition Ende 2015 die Parlamentswahl klar gewonnen hatte. Laut Generalstaatsanwaltschaft wird inzwischen gegen 4658 Personen beider Lager wegen der Todesfälle, Verletzungen und Sachbeschädigungen ermittelt. dpa/nd
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