Große Teile Japans sind besitzerlos
Ein Zehntel des gesamten Staatsgebietes betroffen
Die Besitzer einer Fläche von mehr als der Größe Taiwans sind in Japan unauffindbar. Häuser verfallen, auf den Feldern, die schon seit Jahren nicht mehr bewirtschaftet werden, treiben Wildschweine ihr Unwesen. Solche Geisterdörfer sind heute kein seltener Anblick mehr in Japans abgelegenen Bergregionen. Stück für Stück erobert die Natur die oft jahrhundertealten Bergdörfer zurück. Die Besitzer des Landes sind unauffindbar.
»Sterbende Dörfer« nennen die Japaner diese Hunderte kleiner Siedlungen, in denen mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Rentenalter ist. Die Jugend wandert mangels beruflicher Perspektiven in die Städte ab, zurück bleiben nur die Alten.
Dutzende Dörfer werden Prognosen zufolge in den kommenden Jahren zusammen mit ihren letzten greisen Bewohnern aussterben. Der Trend scheint unumkehrbar: Seit die Bevölkerung im Jahr 2010 mit 128 Millionen Einwohnern ihren Höhepunkt erreicht hat, schrumpft das Land unaufhörlich. Bis 2060 wird Japan laut offiziellen Schätzungen ein Drittel seiner Einwohner verloren haben. In 30 Jahren werden 40 Prozent aller Japaner im Rentenalter sein.
Jetzt offenbart sich noch ein weiteres Problem. Immer mehr Erben verzichten darauf, sich als rechtmäßige Besitzer bei den Behörden zu melden. Die wegen der Landflucht stetig sinkenden Bodenpreise und die hohen Kosten für Grundsteuern und Instandhaltungsarbeiten veranlassen viele Grundbesitzer, das Land ihrer Vorfahren aufzugeben und ihren Besitz vor den Behörden zu verschweigen.
Insgesamt 41 000 Quadratkilometer Land, etwas mehr als die Gesamtfläche Taiwans, sind heute besitzerlos. Dies errechnete jüngst ein Expertengremium im Auftrag der Regierung.
Bis Ende des Jahres sollen die Experten Pläne ausarbeiten, wie der Staat mit diesem Problem umgehen soll. Vor allem der Verfall der Immobilien- und Grundstückspreise auf dem Land soll aufgehalten werden.
In vielen Fällen haben die Erben ihr Land über Generationen hinweg nicht umgemeldet. Jedes Jahr gehen etwa 2000 Grundsteuerbescheide an die Steuerbehörden zurück, mit dem Verweis, dass der Adressat unbekannt verzogen sei. In einigen skurrileren Fällen wird der Grundbesitzer gar als wohnhaft in »Manshukuo« gemeldet. Diese Region im Nordosten Chinas war zwischen 1932 und 1945 ein japanischer Marionettenstaat.
Laut einer Schätzung des Nomura-Forschungsinstituts wird die Zahl der verlassenen Häuser, die dem Verfall anheimfallen, von derzeit etwa 8,2 Millionen auf 21,5 Millionen im Jahr 2033 steigen.
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