G20 streiten über Zukunft des Klimaabkommens

Entwurf der Abschlusserklärung sieht rasche Umsetzung des Vertrages von Paris vor / US-Präsident Trump will offenbar wichtige Sitzung zum Thema schwänzen

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Hamburg. Die Differenzen mit US-Präsident Donald Trump im Klimaschutz überschatten den am Freitagmittag beginnenden G20-Gipfel in Hamburg. Während die anderen G20-Staaten das Pariser Klimaabkommen zügig umsetzen wollen, ringen die Verhandlungsführer um die Sprache im Abschlusskommuniqué. In einem Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vorlag, werden die Meinungsverschiedenheiten nach dem Rückzug Trumps vom Pariser Klimaabkommen festgehalten. Das wäre für die sonst um Einheit bemühte Gruppe der Industrieländer und aufstrebenden Wirtschaftsnationen ein ungewöhnlicher Vorgang.

In dem Entwurf erteilen die anderen G20-Staaten Neuverhandlungen eine Absage, indem das historische Abkommen als »unumkehrbar« bezeichnet wird. Sie sicher eine »schnelle Umsetzung« zu. Den Rückzug der USA nehmen sie nur »zur Kenntnis«. Weiter heißt es in dem Entwurf: »Die USA bestätigen ihr starkes Bekenntnis zu einem globalen Ansatz, der Treibhausgase verringert, während Wirtschaftswachstum unterstützt und den Bedürfnissen der Energiesicherheit nachgekommen wird.«

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte auf die Frage, wie ein Kompromiss beim Klimaschutz aussehen müsse, damit es keine 19:1-Konfrontation mit Trump gebe: »Wir sind immer noch in den Verhandlungen. Es gibt verschiedene Optionen, die besprochen werden können.« Klar sei nur: die USA seien aus dem Pariser Abkommen ausgestiegen, viele andere Gipfelteilnehmer stünden weiter zu dieser Vereinbarung. China lehnt eine Erklärung ohne die USA ab. »Niemand sollte ausgeschlossen werden«, sagte Vizefinanzminister Zhu Guangyao.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwartet vom G20-Gipfel in Hamburg ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz. Durch das Verhalten von US-Präsident Donald Trump sei die internationale Gemeinschaft nur noch enger zusammengeschweißt worden, sagte Hendricks der »Passauer Neuen Presse« (Freitagsausgabe). Trump habe sich »selbst isoliert«. Das zeigt auch eine internationale Umfrage von Pew Research. Demzufolge lehnen in vielen G20-Staaten bis zu zwei Drittel der Befragten den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ab.

Das Pariser Klimaabkommen sei »nicht verhandelbar«, erklärte Hendricks. Bei der Klimakonferenz im November in Bonn sollen dann Fortschritte bei der Umsetzung des Abkommens folgen. »Dafür sind auch die Signale vom G20-Gipfel wichtig«, sagte die Ministerin. »Schließlich orientieren sich weltweit Unternehmen, Investoren und Forschung an der Richtung, die die größten Volkswirtschaften der Welt vorgeben.«

Trump und Putin wollen sich offenbar während G20-Klima-Beratung treffen

An den Diskussionen der Staats- und Regierungschefs über den Klimaschutz wird Trump aber möglicherweise nicht einmal teilnehmen. Sein lange erwartetes Treffen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin findet angeblich parallel zu der Arbeitssitzung am Freitagnachmittag des Gipfels statt, auf der es um nachhaltige Entwicklung, Klima- und Energiefragen gehen sollte.

Während das »Block G20«-Bündnis am Freitagmorgen mit seinen Protestaktionen gegen die Staats-und Regierungschefs begann, warnten Umweltgruppen vor einer Aufweichung des Klimaschutzes und übten scharfe Kritik an der Formulierung mit dem »globalen Ansatz« im Entwurf. »Dies läuft dem Pariser Abkommen zuwider, das ausdrücklich nationale Verpflichtungen beim Klimaschutz vorsieht«, sagte Tobias Münchmeyer von Greenpeace. »Es wäre eine Lizenz zum Nichtstun!«

Auch wollten sich die G20-Teilnehmer nur auf bereits vereinbarte Ziele festlegen. Als Gastgeberin müsse die Kanzlerin weiter gehen, forderte Münchmeyer. »So wie die G20-Länder Frankreich, Indien und Südkorea schon mehr tun wollen, so muss auch Merkel beim Klimaschutz draufsatteln.« Da komme die Kanzlerin am Kohleausstieg nicht vorbei.

Klimaschützer mahnten, dass viel größere Verpflichtungen der G20-Mitglieder erforderlich seien, um das Pariser Ziel einer Erderwärmung von deutlich unter zwei Grad auch wirklich zu erreichen. »Das Schicksal des Planeten ist in ihren Händen«, sagte der Vorsitzende des deutschen Klimakonsortiums, Mojib Latif. »Wir können nicht mehr Zeit verlieren.« Auch das Zwei-Grad-Ziel sei nur ein politischer Kompromiss. »Ich weiß nicht, ob die Natur da mitmacht.«

Schon heute sei die Erderwärmung in Deutschland mit mehr heißen Tagen und häufigeren Überschwemmungen stark spürbar, sagte Paul Becker, Vizepräsident des Wetterdienstes. Die Temperaturen erhöhten sich in Deutschland um 40 Prozent schneller als im globalen Durchschnitt. In einem Vergleich der Klimaschutz-Bemühungen der G20-Staaten kommt Deutschland wegen der weiter starken Kohlenutzung hinter Italien, Brasilien und Frankreich nur auf Platz vier.

Kein einziger G20-Staat steuert im Klimaschutz auf dem richtigen Weg, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, wie der G20-Klimaschutz-Index feststellt, den Germanwatch und das NewClimate Institute in Hamburg vorstellten. Die USA und Saudi-Arabien liegen am unteren Ende der Rangliste. Die Gruppe insgesamt sei noch weit von einem verantwortungsvollen Kurs entfernt.

Neben der Klimapolitik stehen an diesem Freitag und Sonnabend der Welthandel, Gesundheit, Afrika, Frauen und vieles mehr auf der Tagesordnung. Selbst Optimisten erwarten nur zähe Fortschritte.

New Yorker Bürgermeister reist nach Hamburg

Der New Yorker Bürgermeister Bill De Blasio lässt sich von diesen Einschätzungen nicht entmutigen. Der Demokrat war am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) nach Deutschland abgereist und wolle Hamburg und Berlin besuchen, teilte sein Sprecher Eric Philipps auf Twitter mit.

De Blasio ist ein erklärter Gegner der Klima-Politik von US-Präsident Donald Trump. Dessen Sohn Donald Trump Jr. kritisierte De Blasio auf Twitter scharf: New Yorks Bürgermeister protestiere in Hamburg gegen den Kapitalismus, während in seiner Stadt alles unter seiner progressiven Führung verrotte, schrieb Trump Jr.

De Blasios kurzfristig angekündigter Deutschland-Besuch sorgte auch bei vielen New Yorkern für Kritik. Vor wenigen Tagen war eine Polizistin in ihrem Dienstwagen von erschossen worden. Der Mord schockierte die Bewohner der Millionenstadt. Agenturen/nd

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