Das Wilsnacker Wunderblut

  • Yvonne Jennerjahn
  • Lesedauer: 2 Min.

Martin Luther wollte sie einstmals dem Erdboden gleichmachen, nun wird sie für mehr als vier Millionen Euro umfassend saniert: Die Wunderblutkirche von Bad Wilsnack, einst ein bedeutender Wallfahrtsort und wichtige Einnahmequelle katholischer Bischöfe, bekommt 500 Jahre nach der Reformation Hilfe vom Staat und der evangelischen Kirche. Der Bund hat das Bauwerk bereits vor einigen Jahren als Denkmal von nationaler Bedeutung anerkannt.

Die Legende von den mit Blutstropfen besprenkelten Hostien, die im 14. Jahrhundert einen Brand überstanden haben sollen und deshalb als heiliges Wunderwerk galten, hatten den Ort berühmt gemacht. Doch die Reformation setzte dem Pilgertrubel, der Wilsnack Wohlstand brachte, und dem Glauben an die Unzerstörbarkeit des Wunderblutes ein Ende, als der erste evangelische Pfarrer der Kirche, Joachim Ellefeld, die Hostien 1552 verbrannte.

Neben der großen roten Backsteinkirche aus dem 15. Jahrhundert stapeln sich Dachziegel, die Fassade am Eingangsbereich ist bereits eingerüstet. Im Inneren ziehen sich rötliche Wasserspuren unter den Fenstern die Wände herab, auf dem Fußboden breiten sich nahe der feuchten Nordwand grüne Algen aus, an Wänden und Decke fehlt an vielen Stellen der Putz.

»Sieben Jahre, sieben Bauabschnitte«, sagt Pfarrerin Anna Trapp und berichtet von den drängendsten Problemen. Der Glockenstuhl musste mit Stahlträgern gesichert werden, damit die Glocke nicht abstürzt und dort überhaupt gearbeitet werden kann. Am Dach wurden bei früheren Reparaturen acht verschiedene Ziegeltypen verbaut, teils dünn, teils mehrere Zentimeter dick. Dadurch sei dort ein Ungleichgewicht von acht Tonnen entstanden, das zu einer Verschiebung des Dachstuhls um bis zu einen Meter geführt habe. »Und man kann den Dachstuhl nicht zurückschieben.«

Nun werden die Dachziegel nach und nach heruntergeholt, die historischen Stücke werden aussortiert und kommen später auf das Querschiff der Kirche. Das mehr als 50 Meter lange Längsschiff wird neu gedeckt. »Ich habe eine Bestellung von, glaube ich, ungefähr 80 000 neuen Ziegeln im Mittelalter-Format unterschrieben«, sagt Trapp.

Seit das Pilgern vor einigen Jahren wieder in Mode gekommen ist, wird auf den alten Pilgerwegen gewandert und es kommen außerdem jährlich rund 1000 echte Pilger zur Wunderblutkirche, sagt Trapp. Auch Katholiken suchen dabei das heute evangelische Gotteshaus auf.

Verschiedene Kunstwerke und mittelalterliche Wallfahrtsutensilien sind bis heute erhalten und werden in einer Dauerausstellung in der Kirche gezeigt, auch die einstige Sensation, der Wunderblutschrein, in dem die heiligen Hostien aufbewahrt wurden. Die Wallfahrer durften den hölzernen Wandschrank einst nur aus der Ferne durch die Fenster der Kapelle betrachten. epd

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