Gewinne, Gewinner, Gewinnen
Das IOC möchte die Sommerspiele 2024 und 2028 an Paris und Los Angeles gern gemeinsam vergeben
Geht es nach IOC-Präsident Thomas Bach, hat der gestrige einstimmige Entscheid der IOC-Mitglieder auf der Außerordentlichen Session (Vollversammlung) in Lausanne zu etwas geführt, dass der Tauberbischofsheimer zuvor als »Win-Win-Win-Situation« gepriesen hatte: Die knapp 100 IOC-Mitglieder haben nämlich Bach und seinen Kollegen in der Exekutive gestattet, mit den Städten Los Angeles und Paris eine Einigung auszuhandeln, nach der sich die die Städte einvernehmlich jeweils für 2024 oder 2028 bewerben.
Wenn nun Paris und Los Angeles so mitmachen, wie es die IOC-Granden sich wünschen, stehen die beiden verbliebenen Bewerber um die Ausrichtung der Olympischen und Paralympischen Sommerspiele nun nur noch in Verhandlungen um die Jahreszahl, nicht aber mehr darum, ob sie erneut Olympiastädte werden. 2024 und 2028 können in Lima in einem gemeinsamen Wahlgang an die beiden Städte vergeben werden. Und es gäbe drei strahlende Gewinner: Paris, Los Angeles und das IOC.
Ursprünglich hätte bei der 130. IOC-Vollversammlung in Lima am 13. September 2017 beschlossen werden sollen, wer der Ausrichter der Sommerspiele 2024 sein wird. So war es lange Zeit Usus bei den Olympiern. Sieben Jahre vor den Spielen wird der Gastgeber erwählt. Nun ist diese Siebenjahresregel der Olympischen Charta zumindest für dieses eine Mal außer Kraft gesetzt worden.
Für die beiden Weltstädte Paris und Los Angeles legen die Herren des Ringespektakels einige Verrenkungen hin: Ihr Riesensportfest wird just dreimal in Folge in Asien abgehalten werden - Winterspiele in Pyeongchang 2018 und 2022 in Peking, dazwischen die Sommerspiele 2020 in Tokio. Wegen der immensen Kosten, die die Spiele und die Bewerbung verursachen, vor allem aber, weil die Einwohner der Bewerberstädte in Ländern mit funktionierender Zivilgesellschaft Olympia immer häufiger ablehnen, fällt es dem IOC zunehmend schwerer, genügend gute Kandidaten zu finden.
Allein für 2024 hatten nacheinander Hamburg, Rom und Budapest ihre Bewerbungen zurückgezogen. Die »goldene Gelegenheit« (Thomas Bach), dass sich diesmal zwei strahlende Metropolen beworben haben, will das IOC nutzen und die Städte auf 2024 und 2028 festnageln.
Wenn alles nach dem Willen von Thomas Bach läuft, wird es bis September so ablaufen: Unter Führung der IOC-Exekutive einigen sich die Städte, wer 2024 und wer 2028 an der Reihe ist. Und die IOC-Vollversammlung in Lima stimmt dann in einem Wahlgang über diese Vereinbarung ab. Erzielt man indes bei den Sondierungen zuvor keine Einigung, wird in Lima nur über den Ausrichter der Spiele 2024 abgestimmt. Der Verlierer dieser Abstimmung müsste sich für 2028 noch einmal neu bewerben. Bisher haben sowohl Paris als auch Los Angeles ihre Kandidatur nur für 2024 ausgesprochen.
In Lausanne begeisterten zuvor sowohl die französische als auch die amerikanische Delegation die IOC-Mitglieder. »Beide sind Superbewerber« schwärmte beispielsweise der Kanadier Richard Pound, ehemals Vorsitzender der Welt-Antidopingagentur. Auch Skiweltverbandspräsident Gian-Franco Kasper oder Fürst Albert II. von Monaco nannten die Bewerbungen »dynamisch« und »außergewöhnlich«. Die Städte hatten sich den Mitgliedern am Vormittag präsentiert.
Die Kalifornier setzen voll auf die Agenda 2020, mit der das IOC dem Riesenspektakel Olympia eine neue Nachhaltigkeit verordnen will: Die meisten Sportanlagen sind in Los Angeles bereits vorhanden. Für Paris begab sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron in den Ring. Er sei nach Lausanne gekommen, weil sich Paris nicht erneut vergeblich bewerben wolle: »Wir haben dreimal verloren, wir wollen es nicht ein viertes Mal tun.« Für 1992, 2008 und 2012 hatte die französische Hauptstadt vergeblich kandidiert.
Bereits 1900 und 1924 war Paris Gastgeber der Sommerspiele. Bekäme die Stadt die Spiele von 2024, würden die Spiele genau nach 100 Jahren zurückehren. 1921 hatte Paris den Zuschlag bekommen, damals gemeinsam mit Amsterdam 1928.
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