Bündnis fordert mehr Videoüberwachung

Ex-CDU-Justizminister plant Volksbegehren / Gesetzentwurf vorgestellt

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem Wunsch einer Initiative soll Berlin mehr Kameras erhalten. Das »Bürgerbündnis für mehr Videoaufklärung und mehr Datenschutz« plant, per Volksentscheid einen entsprechenden Gesetzentwurf durch das Parlament zu bringen. Details stellte das Bündnis, dem Berlins ehemaliger Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) vorsteht, am Dienstag vor.

An 50 Kriminalitätsschwerpunkten, die zum Teil noch eruiert werden müssten, sollen rund 2000 bis 2500 fest installierte Kameras nach Vorstellung der Initiative das Sicherheitsgefühl der Menschen erhöhen und potenzielle Straftäter von ihren Taten abhalten. Zudem soll die Speicherfrist der Aufnahmen auf einen Monat verlängert werden. Mittelfristig ist der Einsatz intelligenter Videotechnik, die bei der Erkennung von Straftaten helfen soll, vorgesehen. Eine Tonanlage soll ermöglichen, mit den Verdächtigen zu sprechen, um sie von ihrem Tun abzuhalten. Bei Bedarf sollen Kameras die Szenerie ausleuchten können.

Am Kottbusser Tor könnten so etwa 20 Kameras installiert werden. Als weitere mögliche Orte nannten die Bündnisvertreter den S- und U-Bahnhof Neukölln und einen Treffpunkt von Rechtsextremen in Alt-Rudow, die dort häufig Passanten anpöbelten und bedrohten. Pro Standort rechnet die Initiative mit rund 500 000 Euro Kosten, insgesamt beziffert sie die Kosten der Videoausweitung auf 50 Millionen Euro.

Das Bündnis fordert außerdem, ein Forschungsinstitut einzurichten, um den Einsatz der intelligenten Videoüberwachung wissenschaftlich zu begleiten.

Der Gesetzentwurf liegt dem SPD-geführten Innensenat seit vergangener Woche vor. Detailliert dazu äußern wollte sich Sprecher Martin Pallgen nicht. »Grundsätzlich gilt: Wir sehen die derzeitige Rechtslage als ausreichend an, Videotechnik so einzusetzen, wie es unter Rot-Rot-Grün verabredet wurde: temporär und anlassbezogen«, sagte Pallgen. Schon jetzt gebe es rund 15 000 Kameras im öffentlichen Raum in Berlin, die meisten in Nahverkehrsmitteln und Bahnhöfen.

Der Senat hat nun vier Wochen Zeit, sich den Gesetzentwurf zu eigen zu machen. Heilmann geht davon aus, dass dies nicht geschehen wird. Darum will er anschließend ein Volksbegehren anstoßen. Im ersten Schritt muss er in sechs Monaten 20 000 Unterschriften sammeln. In einer zweiten Stufe müssen es 170 000 Stimmen werden. 2019 könnte es dann zu einer Volksabstimmung kommen. Bei Erfolg müsste der Senat das Gesetz umsetzen.

Neben Heilmann, aktuell Kreisvorsitzender der CDU Steglitz-Zehlendorf und stellvertretender Landesvorsitzender der Partei, ist Neuköllns ehemaliger Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) Zugpferd der Initiative. Hinter ihnen stünden außerdem Polizisten und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, die nicht namentlich erwähnt werden wollen, so Heilmann.

Sowohl die Grünen als auch die FDP sprachen sich am Dienstag gegen mehr Videoüberwachung aus. Stattdessen müsse mehr Polizei auf die Straßen geschickt werden. »Eine flächendeckende Videoüberwachung in Städten wie London zeigt, dass die Kriminalitätsbelastung dadurch insgesamt nicht sinkt«, sagte der innenpolitische Sprecher der Grünen Benedikt Lux.

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