Ditfurth kritisiert Polizei - Bosbach geht
G20-Debatte: CDU-Politiker verlässt im Streit mit linker Politikerin TV-Talk / Ex-Grüne hatte Grundrechtsverletzungen angeprangert
Berlin. Die Randale am Rande des G20-Gipfels in Hamburg sorgen weiter für hitzige Diskussionen. Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach verließ nach einem Wortgefecht mit der linken Politikerin Jutta Ditfurth in der Nacht zu Donnerstag die ARD-Sendung »Maischberger«.
Ditfurth hatte zuvor gesagt, in Hamburg seien Demonstranten die »Grundrechte weggenommen« worden, »weil Leute schwarz gekleidet waren«. Bosbach, der der Ex-Grünen im Verlauf der Sendung die Verharmlosung der Krawalle vorwarf, nannte Ditfurth daraufhin »persönlich und in ihrem Verhalten unerträglich« und verließ vor laufenden Kameras die Sendung. Bosbach hatte Ditfurth unter anderem vorgeworfen, die Krawalle zu verharmlosen und den ebenfalls in der Talkrunde sitzenden Hamburger Hauptkommissar Joachim Lenders mehrfach »in geradezu unverschämter Weise angegangen« zu haben.
Ditfurth hatte unter anderem auf die Grundrechtseinschränkungen und das viel kritisierte Vorgehen der Polizei hingewiesen. In Hamburg seien Menschen in ihren Grundrechten verletzt und nicht-vermummte Journalisten verprügelt worden, weil anderswo »einige Leute schwarz gekleidet« waren. »Frau Ditfurth ist persönlich, vom Verhalten und ihrer (...) Argumentation unerträglich. Das muss ich nicht mitmachen«, sagte Bosbach.
Ditfurth hatte zu dem Polizeivorgehen gesagt, es sei »eine der übelsten Reaktionen, die ich je erlebt habe«. Sie habe zuschauen können, »wie Tag für Tag durch Schikanen und Prügel« der Polizei die Lage immer mehr eskaliert sei. Dies wies der ebenfalls geladene Hauptkommissar Joachim Lenders zurück, der mehrfach betonte, die Polizei habe überhaupt keine Fehler gemacht.
Ditfurth ließ aber nicht locker: »Wenn es in dieser Runde darum ginge, was ich ein bisschen bezweifle, zu erfahren, was passiert ist«, müsse man die acht Tage von Hamburg differenziert betrachten. Auch die die soziale Frage, die mit Protesten und Randale verknüpft sei, müsse man schon stellen. Der Hauptkommissar warf Ditfurth derweil »einfach dummes Gesabbel« vor.
Irgendwann kam es zum direkten Zoff mit Bosbach, der auf eine Kritik von Ditfurth an der Polizei diese anfuhr: »Was haben Sie gesagt?« Die linke Politikerin sagte darauf: »Ich habe gesagt, er soll am Stammtisch weiterreden, er soll mir nicht dauernd so ins Ohr blubbern.« Da war Bosbach bereits auf dem Weg nach draußen - ließ sich aber nicht nehmen, Ditfurth nochmals zu attackieren: »Es ist unerträglich, mit Ihnen in einer Runde zu sitzen, wenn sie sich als eine Oberintellektuelle hier verstehen, wenn sie einen Polizeibeamten so beleidigen.«
Am Rande der Debatte versuchte der Linkspolitiker Jan van Aken, der eine der großen friedlichen Demonstrationen mitorganisiert hatte, doch noch zum Thema zu kommen. »Es muss doch möglich sein, sowohl die Krawallos als auch die Polizei zu kritisieren«, sagte der Bundestagsabgeordnete.
Nach Bosbachs Abgang bat Moderatorin Sandra Maischberger seine Kontrahentin, das Podium ebenfalls zu verlassen, um »die Parität« in der Runde wieder herzustellen. Ditfurth blieb aber sitzen. »Mit ihrem Sitzenbleiben trotz Aufforderung zum Verlassen der Sendung hat Frau Ditfurth ihre Haltung ganz deutlich gemacht: Ich mache, was ich will, ohne Rücksicht auf andere«, sagte Bosbach später »Focus Online«. Im Nachhinein wäre es aus seiner Sicht »vielleicht besser gewesen, noch früher zu gehen. Die permanente Mischung aus Dazwischenquatschen und Grimassenschneiden von Frau Ditfurth war eine echte Zumutung.«
Sie »bedaure sehr, dass Wolfgang Bosbach unsere Runde vorzeitig verlassen hat«, erklärte Sandra Maischberger nach der Sendung auf Facebook. Der »Versuch, ihn zum bleiben zu bewegen, schlug leider fehl. Das ist immer eine Niederlage in einer Sendung, deren Aufgabe es ist, Menschen ins Gespräch zu bringen - gerade, wenn sie noch so unterschiedliche Meinungen haben.«
Maischberger übrigens entschuldigte sich später bei Ditfurth für den Versuch, »sie aus der Sendung komplementieren zu wollen. Das war eine unüberlegte Kurzschlussreaktion, getrieben von dem Wunsch, in der Sendung den Ausgleich der Seiten wiederherzustellen. Es war ein Fehler den ich bedauere.«
Ditfurth sitzt für die Wählervereinigung ÖkoLinX-Antirassistische Liste im Frankfurter Stadtparlament. Sie versteht sich nach wie vor als antiautoritäre Linke und ist in verschiedenen Bündnissen aktiv. Ditfurth schreibt zudem politische Kommentare, hält Vorträge und macht Radiosendungen sowie multimediale Vorträge für Theaterbühnen. Agenturen/nd
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