Die Sache hat einen Haken
Tierrechtler werfen Hannovers Zoo Misshandlungen vor - Stadtverwaltung verhindert PETA-Plakataktion
Zärtlich schmust der Gorilla mit seinem Kind, ausgelassen toben zwei Eisbären im türkisblau schimmernden Wasser: Mit diesen und 33 ähnlich drolligen Fotos werben die Region und die Stadt Hannover im Internet für den Besuch des »Erlebniszoos« in der Niedersachsenmetropole. In ihrem Rathaus sieht man solch putzige Bilder gern. Ein ernstes Plakat jedoch, mit dem die Tierrechtsorganisation PETA gegen den Einsatz des »Elefantenhakens« in jenem Zoo protestieren wollte, hat die Stadtverwaltung unterdrückt.
Mit diesem Schritt hat die Auseinandersetzung zwischen PETA und Zoo einen neuen Höhepunkt erreicht. Auslöser des Streits um Wohl und Wehe der hannoverschen Elefanten war Anfang April ein TV-Beitrag des ARD-Magazins »Report Mainz« gewesen. Ein Video, von PETA-Aktivisten heimlich aufgenommen, zeigte Pfleger, wie sie junge Rüsseltiere mit einem Elefantenhaken - er ähnelt einem kurzen Knüppel - zu Leibe rücken, scheinbar schlagen; so sehr, dass eines der Tiere laut zu schreien beginnt.
Der bei Tierschützern verpönte Haken hat an der Spitze einen oder zwei Dornen. Er kann dazu eingesetzt werden, den Dickhäuter zu stechen und zu schlagen, zur Dressur etwa. Das aber sei Tierquälerei - und eine solche werde in Hannover begangen, meint PETA. Das Video hatte Empörung ausgelöst. Heftige Proteste in sozialen Netzwerken wurden laut, Demonstrationen gab es vor dem Zoo, dessen Geschäftsführer Andreas Casdorff erhielt sogar eine Morddrohung.
Um die Öffentlichkeit für das strittige Geschehen zu sensibilisieren, wollten die Tierrechtler an mehreren, bereits von ihnen gebuchten Werbeflächen in der Stadt große Plakate platzieren. Sie zeigen den Arm eines Mannes, den Elefantenhaken in der Hand, dazu den Text »Mit diesem Folterwerkzeug werden Baby-Elefanten im Zoo Hannover gequält«. Doch die Stadtverwaltung verhinderte die Aktion, wies den Vermarkter der Werbeflächen an, die PETA-Buchung zu stornieren. Vertragliche Regelungen erlauben ein solches Veto.
Damit behindere die Stadt einen demokratischen Meinungsbildungsprozess, und sie unterstütze den Zoo dabei, »die Misshandlungen der Elefanten unter den Teppich zu kehren«, rügt PETA. Der Zoo indes, er gehört als GmbH zu 100 Prozent der Region Hannover, weist die Vorwürfe zurück: Mit dem Haken würden die Tiere nicht geschlagen oder gepiekst, sondern »geführt«. Und was wie Dressur aussehe, sei Training. Es diene »zur Beschäftigung und zur Vorbereitung medizinischer Untersuchungen«.
Rückhalt dagegen bekommt PETA von der Tierschutzbeauftragten des Landes Niedersachsen, Michaela Dämmrich. »Ich hatte nicht erwartet, dass im Zoo Hannover die Tiere so dressiert werden«, sagte sie gegenüber dem NDR, und: Es müsse geklärt werden, ob gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wurde, das besagt: Ohne vernünftigen Grund darf einem Tier weder Leiden noch Schmerzen zugefügt werden.
Weitere Schützenhilfe für PETA leistet die US-amerikanische Elefantenexpertin Carol Buckley. Sie hat sich das Video angesehen, ihr Fazit: Ein Versagen der Tiere führe in Hannover zur sofortigen Bestrafung, körperlich schwerer Schikane, Einschüchterung und emotionalem Stress. Buckley teilt damit die Ansicht der Tierschützer, die ihre »Aufklärungskampagne« mit Hilfe von »unabhängigen Anbietern von Werbeflächen« fortsetzen will. »Es ist bedauerlich, dass die Stadt und die Region Hannover auf Vertuschung anstatt auf Aufklärung setzen« kommentieren die Tierrechtler das Plakatverbot.
Die Stadt hingegen begründet ihr Verhalten: Die PETA-Plakate vermittelten den Eindruck, dass der Zoo Hannover rechtswidrig handelt, indem er Tiere absichtlich schädigt. Das aber sei nicht bewiesen. Ob die Vorwürfe der Tierrechtler zutreffen, wird voraussichtlich die Justiz feststellen, denn PETA hat gegen den Zoo Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz gestellt; das Verfahren läuft.
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